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Heute startet "My Week With Marilyn" in den Kinos / Film über die Facetten der Monroe Bildnis einer alles überstrahlenden Diva

Von Birgit Roschy 19.04.2012, 03:21

Die amerikanische Venus: In dem Kinofilm "My Week With Marilyn" ist Michelle Williams eine unwiderstehliche Mischung aus Sex, Unschuld und Neurose.

Berlin (dapd) l Im Jahre 1956 begegnen sich mit Marilyn Monroe und Sir Laurence Olivier der größte Filmstar und der größte lebende Schauspieler ihrer Zeit, um in England die romantische Komödie "Der Prinz und die Tänzerin" zu drehen.

Das Drama "My Week With Marilyn" erzählt, was während und außerhalb der aufreibenden Dreharbeiten geschah. Der Film basiert auf den Tagebuchnotizen eines jungen Produktionsassistenten, der sich um die ebenso reizende wie anstrengende Diva kümmerte - und der Filmgöttin, wie alle Männer, verfiel.

Erst in den Neunzigern, vier Jahrzehnte nach den Ereignissen, veröffentlichte Colin Clark seine Memoiren über seine Zeit mit MM. Die Verfilmung verschweigt diskret, wie weit seine Romanze mit der begehrtesten Frau der Welt ging.

Tatsache ist, dass der damals 23-Jährige während der stressigen Dreharbeiten ein paar Tage lang mit der Monroe ausbüxte. Doch der Film schildert nicht nur die privaten Auszeiten, sondern auch den Zoff der Schauspielerin mit dem britischen Bühnenstar Laurence Olivier, dem Regisseur und männlichen Hauptdarsteller von "Der Prinz und die Tänzerin".

In seinem recht konventionellen Kinodebüt will TV-Regisseur Simon Curtis Streiflichter auf die Zerrissenheit der Diva werfen, auf ihre Sucht nach Bewunderung, ihre Zweifel an ihrem Talent und ihr Leiden an ihrem Image als Sexsymbol.

Bei der Besetzung dieser ikonischen Rolle entpuppt sich die Wahl von Michelle Williams als Glücksgriff. Die Süße und der kindliche Egoismus, die Allüren und die Zerbrechlichkeit, die unwiderstehliche Mischung aus Sex und Unschuld: Williams bringt die Widersprüche der Monroe, die wohl ihr Charisma ausmachten, spannend zur Geltung.

Ihr Widerpart ist der britische Großmime Kenneth Branagh als passgenaue Verkörperung des genialen, eitlen Olivier. Er hält die platinblonde Amerikanerin für eine dümmliche Sexbombe, leicht zu verführen und zu beherrschen.

Doch Marilyn wird von Paula Strasberg, zugleich Schauspiellehrerin, Vertraute und Aufpasserin, abgeschirmt. Mit ihrem dauernden Zuspätkommen und ihrer Unsicherheit raubt sie dem Impresario den letzten Nerv - und spielt ihn in guten Momenten glatt an die Wand.

Eddie Redmayne gibt Colin, einen Jüngling aus bestem Hause, der unbedingt zum Film will. MM sieht in dem Laufburschen einen Verbündeten und kürt ihn zu ihrem Vertrauten.

So bekommt der unscheinbare Colin, dessen Blickwinkel das Publikum übernimmt, Glamour und Elend des Stars hautnah mit. Als die Monroe am Boden zerstört ist über die Abreise ihres Mannes, des Schriftstellers Arthur Miller und im Champagner- und Tablettenrausch dahindämmert, greift Colin ein.

In Begleitung eines stoischen britischen Leibwächters machen Marilyn und ihr ergebener Ritter Colin Ausflüge aufs Land. Dank Colins Herkunft bekommen sie Zugang zu Windsor Castle und anderen noblen Orten. Und wenn sie dort erkannt wird, sonnt sich die Monroe in der öffentlichen Anbetung.

Wenn die Sirene dagegen mit Colin allein ist, wird sie zum Naturkind und geht nackt im See baden. Dank Hauptdarstellerin Michelle Williams, die als fleischgewordener Männertraum die dritte Oscar-Nominierung bekam, hat die eher betuliche Chronik einige Gänsehautmomente. Sie ist zwar längst nicht so schön wie Monroe, fühlt sich aber intuitiv in deren labilen Charakter ein und imitiert ihre Posen so perfekt, dass sie jede andere Frau überstrahlt.

Wie beispielsweise Emma "Hermine" Watson in ihrer ersten erwachsenen Rolle als Colins kurzer Flirt: Gegen die amerikanische Venus hat sie keine Chance.

"My Week With Marilyn", Großbritannien/USA 2011, 99 Minuten, FSK: 6, Regie: Simon Curtis, Darsteller: Michelle Williams, Eddie Redmayne, Kenneth Branagh, Julia Ormond, Emma Watson