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Festival mit Pianisten aus sechs Ländern und hiesigen Orchestern in Quedlinburg, Halberstadt und Wernigerode Bravissimo: Beifall für "Klavierissimo" im Harz

Von Hans Walter 28.05.2013, 01:14

Quedlinburg l "Bravo bravissimo - ein Ereignis!" würdigte ein begeisterter Besucher im Gästebuch des Quedlinburger Theaters das Festival "Klavierissimo". Von Freitag bis Sonntag rollten das Philharmonische Kammerorchester Wernigerode und das Orchester des Nordharzer Städtebundtheaters gemeinsam unter Leitung von MD Christian Fitzner den Klangteppich für sechs Pianisten aus sechs Ländern aus. Ein ungeheurer logistischer Probenaufwand, der sich künstlerisch in zauberhaftem Streicher- und monumentalem Bläserklang auszahlte.

Die Idee für "Klavierissimo" hatte Prof. Albert Mamriev, Initiator des internationalen Piano-Wettbewerbs "Neue Sterne" in Wernigerode. Die Preisträger des Vorjahres sollten gemeinsam mit drei der weltweit bekannten Juroren im gesamten Harzkreis auftreten, um ihren gewachsenen Leistungsstand unter Beweis zu stellen.

Große Gefühle in d-Moll

In Quedlinburg musizierte eingangs der 21-jährige Spanier Pablo Martinez Beethovens Klavierkonzert Nr. 3 d-Moll. Ein sensibler, nachdenklicher junger Mann. Er lauschte den Tönen nach und gestaltete eine verinnerlichte Musik von großer Emotionalität. Sind Beethoven eigentlich beim Komponieren die Tränen gekommen? Könnte sein, wenn man an Martinez\' innigen Largo-Mittelsatz denkt...

Ganz anders der auf Kuba geborene und nun in Spanien lebende Klavierprofessor (und Martinez-Lehrer) Leonel Morales mit Sergej Rachmaninows drittem Konzert in d-Moll. Unbeirrt und präzis wie ein Uhrwerk kostete er jeden Effekt und die Solokadenzen des 1909 entstandenen Werks aus. Ein bravouröses Tongemälde für das Piano, versehen mit schwelgerischem Klang des entfesselten Orchesters.

In Halberstadt dann Beethovens Klavierkonzert Nr. 4, gestaltet von dem Tastenzauberer Prof. Vincenzo Balzani aus Italien. Der Künstler und sein Instrument schienen eins zu sein, ein beglückendes Erleben.

Prokofjews Konzert Nr. 3 C-Dur schloss sich in der Interpretation des 32-jährigen Russen Alexander Yakovlev an. 1921 für Chicago entstanden, nachdem der Künstler die Sowjetunion verlassen hatte, ist es ein furioses Werk der russischen Musikzitate wie des Aufbruchs. Themen, Tonart und Takt wechselten rasant, Piano und Orchester schienen gleichermaßen von allen Zwängen befreit zu sein. Im großartigen Spiel Yakovlevs manifestierte sich Prokofjews Zerrissenheit.

In Wernigerode spielten der litauische Juror Gintaras Janusevicius und der Trompeter Ferenc Mausz das angejazzte Schostakowitsch-Konzert für Streichorchester und Soloinstrumente c-Moll. Ein übermütiges, keckes, clowneskes Spiel; Zitate von Beethoven und Haydn ließen grüßen.

Dann das Klavierkonzert fis-Moll des Russen Alexander Skrjabin (1871-1915). Kein Mensch kannte Skrjabin - dank der jungen israelischen Pianistin Masha Yulin war es die Entdeckung! Er schrieb das spätromantische Werk, basierend auf strenger Dreitonmotivik, als 26-Jähriger. Yulin brillierte sensibel-souverän in seinen bewegten, expressiven Klangwelten, die auch die Bläser stark forderten. Bravo bravissimo!