1. Startseite
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Buch
  6. >
  7. Neue Biografie: Läuft bei Kamala Harris

Buch Neue Biografie: Läuft bei Kamala Harris

Zur Vereidigung der Vizepräsidentin der USA kommt ein Buch über sie auf den Markt: Was sie von Obama unterscheidet und mit Trump verbindet.

18.01.2021, 09:07

München/Washington (dpa) l Im Wahlkampf um das Amt der Bezirksstaatsanwältin von San Francisco sprach Kamala Harris in einem Interview über ihre Bewunderung für die hinduistische Göttin Kali, die als Kämpferin für die Unschuldigen gilt. Eine Göttin, die das Böse vernichtet und auf Darstellungen den abgeschlagenen Kopf eines Dämons hält. Harris habe gelernt, "in Kali-Manier sozusagen, den einen oder anderen Kopf abzutrennen", schreibt der Journalist Dan Morain in seiner neuen Biografie über die erste weibliche US-Vizepräsidentin. Am 25. Januar bringt der Münchner Heyne-Verlag sie in Deutschland auf den Markt – wenige Tage nach der Amtseinführung des neuen Präsidenten Joe Biden und seiner Stellvertreterin.

Autor Morain kennt Harris nach eigenen Angaben schon lange. Das erste Mal schrieb er Mitte der 1990er Jahre in Kalifornien über sie, jetzt scheint er alles über sie zusammengetragen haben, das er über sie weiß. Brisante Enthüllungen enthält "Kamala Harris – Die Biografie" zwar nicht und viele Anekdoten, die Morain erzählt, stammen direkt aus Harris' eigener Autobiografie und einiges ist redundant.

Doch er schildert weitgehend chronologisch und umfassend ihre ganze Karriere von der Jura-Studentin zur Bezirksstaatsanwältin, zur Generalstaatsanwältin von Kalifornien, zur Senatorin, zur Anwärterin auf die demokratische Präsidentschaftskandidatur – und schließlich zur Vizepräsidentin. "So läuft das bei Kamala Harris" – so oder ähnlich enden mehrere Kapitel in Morains Buch.

"Sie war oft zur rechten Zeit am rechten Ort", sagt Morain im Interview des "Spiegel". "Sie kann knallhart sein und gleichzeitig unglaublich charmant, menschlich, lustig." Als Senatorin habe sie frischen Wind in den Senat gebracht – und das nicht nur wegen ihrer Schlagzeilen machenden Befragung von Bundesrichter Brett Kavanaugh. "Sie gibt Rezepte weiter. Sie trägt Chucks. Sie lädt Senatoren zu Abendessen im kleinen Kreis ein. Sie hat eine interessante Familie. Sie liebt Basketball", schreibt Morain. Als "weiblicher Obama" werde sie bezeichnet – doch: "Dieser Vergleich stimmt nur oberflächlich", sagte Morain im "Spiegel"-Interview. "Beide sind Schwarze, okay. Aber Obama ist viel intellektueller. Sie ist Staatsanwältin und als Staatsanwältin muss man ziemlich hart sein."

Er verknüpft ihre Geschichte auch geschickt mit der von Joe Biden. So zum Beispiel im Jahr 1991. Während Harris als Neuling in einer kalifornischen Bezirksstaatsanwaltschaft Ordnungswidrigkeiten bearbeitete, war Biden schon Senator. "Keinem aufstrebenden Anwalt konnte entgehen, was sich im Oktober 1991 während des Bestätigungsverfahrens des Supreme-Court-Kandidaten Clarence Thomas in Washington abspielte", schreibt Morain.

Damals bezeugte die Jura-Professorin Anita Hill vor dem ausschließlich weiß und männlich besetzten Ausschuss, dass Thomas sie als ihr Chef zu Verabredungen gedrängt und ihr von Pornofilmen vorgeschwärmt habe. "Die Männer im Ausschuss beleidigten Hill und spielten herunter, was sie ausgesagt hatte", schreibt Morain. Und auch wenn Biden später im Plenum gegen Thomas gestimmt habe, habe sein Verhalten viele Frauen verärgert.

Jahrzehnte später musste Harris sich als Senatorin mit der Ernennung des von Donald Trump als Bundesrichter nominierten Brett Kavanaugh befassen, dem ebenfalls sexuelle Belästigung vorgeworfen wurde. "Die Ähnlichkeit mit dem Bestätigungsverfahren von Thomas ist unübersehbar", schreibt Morain. "Und das Ergebnis war dasselbe." Eine Freundin von Harris nennt ihre Befragung von Kavanaugh in dem Buch allerdings "meisterhaft".

Morain schreibt detailreich, manchmal etwas umständlich, erzählt Anekdoten wie die, dass sich Mitte der 1990er Jahre beinahe die Wege von Harris und Trump gekreuzt hätten. Denn ihr damaliger, deutlich älterer und eigentlich anderweitig verheiratete Freund Willie Brown habe einmal mit dem damals noch als Immobilienmogul bekannten New Yorker über ein Hotelprojekt in Los Angeles gesprochen.

"Er sandte seinen Jet nach Boston, um Brown und seine Freunde, darunter auch Harris, nach New York einzufliegen. Der Jet war mit prunkvollen goldenen Details ausgestattet, an den Wänden hingen teure Gemälde, und es fanden sich Nachrichten, die seine damalige Ehefrau Marla Maples Trump hinterlassen hatte", schreibt Morain. "Trump und Harris begegneten sich damals wohl nicht, aber sie hatte sich bereits weit vom Wiley-Manuel-Gerichtsgebäude entfernt."

Mit Trump, als dessen prominente und aggressive Kritikerin sie bekannt wurde, hat sie aus Sicht Morains übrigens durchaus etwas gemeinsam: "Kamala Harris war eine der wenigen Demokraten, die sich – bewusst oder unbewusst – Trumps Strategie zu eigen machten", schreibt er. "Sie setzte auf einen hohen Wiedererkennungseffekt. Wie Trump suchte sie die große Bühne, um ihre Botschaft zu verkünden und das Narrativ zu ändern."