Literatur als Land der Utopie: Antonio Skármeta wird 75
Der erfolgreichste lebende Autor Chiles feiert seinen Geburtstag mit einem neuen Erzählband. Dort geht es um Reisen, wie im eigenen Leben. Nach Deutschland hat es ihn zweimal geführt.

Santiago de Chile (dpa) - Der chilenische Schriftsteller Antonio Skármeta ist ein weitgereister Mann. Bewegungsfreiheit (Libertad de movimiento) heißt bezeichnenderweise auch sein vor wenigen Tagen in Santiago de Chile vorgestellter Band mit Erzählungen.
Die Texte führen durch verschiedene Alter und verschiedene Länder, sagte der Autor, der am Samstag (7. November) seinen 75. Geburtstag feiert. Ihn zog es für längere Zeit unter anderem in die USA und nach Deutschland - nicht immer freiwillig.
Die Reiselust schien schon in den Genen zu liegen. Seine Großeltern kamen Anfang des 20. Jahrhunderts vom entfernten Kroatien nach Antofagasta im Norden Chiles. In der Wüstenstadt am Pazifik wurde Antonio Skármeta 1940 geboren. Anfang der 60er Jahre studierte er Philosophie in Chile und Literatur in New York. Dort kam er in Kontakt mit der Beat Generation und besuchte das Actor's Studio. Seine damals entstandene enge Beziehung zum Film erreichte Jahre später einen Höhepunkt mit Il Postino (Der Postmann), der Verfilmung seines Romans Ardiente Paciencia (Mit brennender Geduld).
Zurück in Chile veröffentlichte er seine ersten Erzählungen, in denen er bereits sein Einfühlungsvermögen in die Umgangssprache seiner Landsleute bewies. Gleichzeitig engagierte er sich aktiv in den politischen Bewegungen, die 1970 zur Regierung des sozialistischen Präsidenten Salvador Allende führten.
Die Diktatur Augusto Pinochets trieb ihn ins Exil - über Argentinien nach West-Berlin. Dort schrieb er seinen ersten Roman, Soñé que la nieve ardía (Ich träumte, der Schnee brennt). Der Titel entstammt eines in Chile beliebten Liedes und beschreibt die gesellschaftliche Realität zur Zeit des linken Bündnisses Unidad Popular, das auch von vielen Utopien geprägt war.
Im literarische Schaffen verhält es sich seiner Ansicht nach ähnlich. Die Realität bietet die wunderbare Möglichkeit, sich eine andere Realität vorzustellen, sagte Skármeta vor kurzem in einem Gespräch mit dem Sender CNN Chile.
In Deutschland, wo er auch als Drehbuchautor mit Peter Lilienthal zusammenarbeitete, fühlte er sich nach eigenen Worten als Botschafter des demokratischen Lebens und der Kultur Chiles. Nach der Rückkehr in sein Heimatland mit dem Fall der Diktatur zog er 2000 erneut um - für drei Jahre ins inzwischen wiedervereinte Berlin, diesmal als Botschafter der Präsidentin Michelle Bachelet.
Der Gewinner des mit 600 000 Euro dotierten spanischen Planeta-Preises schreibt derzeit an einem neuen Roman. Und noch immer hat er eine Vorliebe für den Film. Jüngst spielte er eine Nebenrolle in der Verfilmung seines Romans Mein Vater aus Paris (Un padre de película). Die wörtliche Übersetzung heißt: Ein Filmvater.
In vielen Jahren will er auch seine Memoiren schreiben, sagte er der Zeitung El Mercurio. Es gehe ihm um Erinnerungen an die vielen Menschen, die er kennengelernt, an die vielen Ländern, in denen er gelebt habe.