Zuschauer feierten in Magdeburg drei Vorstellungen der Pferdeshow "Apassionata" Das haut jeden Glücksritter aus dem Sattel
Stellen Sie sich eine Tüte süßer Bonbons vor! Man wird nicht satt, aber es tut gut, sie zu lutschen. Genauso ist es mit "Apassionata". Es tut gut, die Pferdeshow zu sehen. Kitsch vermischt sich mit Kunst. Etwa 4000 Zuschauer erlebten am Sonnabend das Spektakel in der Magdeburger GETEC-Arena.
Magdeburg l Alles beginnt mit einer Flaschenpost, die das Meer herantreibt. Zwischen frei laufenden Camargue-Stuten findet Hauptdarsteller "Daniel" einen Brief, der ihm den Weg in eine faszinierende Welt öffnet. Der führt ihn durch Orangen-Gärten oder zu einer Ballerina in einer imposanten Spieluhr. Er erlebt einen "heißen Wüstenritt" und hilft, bei einer wilden Jagd ein ausgebüxtes Pony einzufangen. Auf der großen Leinwand wechseln die Bilder, die Meer, Wald, Schloss, Wasserfälle und Felder zeigen. Es blinkt und glitzert, Blütenblätter schweben vor den Bildern. Pferde reiten in weißen Wolken aus Dampf auf die Zuschauer zu. Stopp! Das geht zu schnell und ist zu viel für das alltaggestresste Herz.
Da tut es gut, zunächst wieder akrobatische Übungen von schnittigen Reitern zu bewundern. Sie hängen kopfüber vom Ross oder baumeln an der Seite. Sie lassen die Stiefel auf der sandgefüllten Arena schleifen. Es kommt Tempo in die Halle, und die Zuschauer klatschen. Doch die Pferde sind die Stars. Sie kommen in die Manege, springen und werfen die Hufe nach hinten. "Das gibt\'s doch gar nicht", sagt eine Frau. Das Mädchen nebenan fragt unsicher, als es die Hände anhebt: "Gefällt es den Pferden, wenn man klatscht?" Tja ...?! "Schade, dass man das nicht sieht", sagt die Kleine und taucht wieder in die bunte Pferdewelt ein.
Die beiden Mädchen in den vorderen Reihen sehen diese Welt durch das Rechteck ihrer Kameras. Sie können einfach nicht aufhören auf den kleinen Bildschirm zu schauen. Man könnte ja etwas verpassen. Und: Ja, das könnte man wirklich. Schritte, Trab, Galopp, Verbeugungen der Pferde. Schöne Kleider der Frauen, Tanzeinlagen der Company. Oder das Pony, das plötzlich hereinstürmt. Ein gemeinschaftliches "oh" zieht durch die Zuschauerreihen, als das Tier seine Runden dreht.
Worauf man gut verzichten kann, sind die Botschaften, die Daniel in seinem Flaschenpost-Brief liest: "Vertraue deinem Herzen!" "Folge deiner Sehnsucht!" "Tanze mit dem Leben, dann kennst du die Schritte!" Himmel, nein! Das hat die Show nicht nötig. Auch die Geschichte mit dem Titel "Gemeinsam bis ans Ende der Welt" ist zu einfach konstruiert, um märchenhaft zu sein. Aber die Reiter, die um die goldenen Säulen reiten, die vom Bühnenhimmel fallen, sind toll.
In der Pause drängen sich Kinder vor dem Süßigkeiten-Stand. Der Verkäufer erzählt von seinem langen Heimweg. Noch zweimal bietet er nach dieser Vorstellung seine Gummitier-Verführungen bei "Apassionata"-Shows in Magdeburg an. Nach der Pause kündigt der Sprecher die Jubiläumsshow im nächsten Jahr an. Zehn Jahre tourt das Pferde-Spektakel dann durch die Lande.
"Apassionata" ist ein Rausch und eine Show, die wie ein Kaubonbon perfekt süß im Kopf hängenbleibt. Es tut gut, ohne Gewissensbisse vom Kitsch zu naschen. Reiter kommen mit einer Feuerlanze in die Halle, die Pferde springen über ein brennendes Seil. Man staunt über die Prinzessin, die atemberaubende Übungen auf dem Pferderücken vollführt, nach hinten wegkippt und doch nicht herunterfällt. Dann kommen die Schwarzen mit der langen Mähne. Jedes Mädchen, das als Pferdenärrin etwas auf sich hält, schmachtet die Tiere an. Sie sitzen zuhauf hier, Mädels im Pferdepullover, mit Pferderucksack oder niedlichem Plüschtier. Sie sind zwei Stunden lang entzückt. Und die Großen, die selbst reiten oder sich mit Pferden auskennen, die sind auch zufrieden. Es wird hohe Kunst geboten. Hinter der Choreografie und den Schrittfolgen steckt viel Übung, das merkt sogar der, der das Glück nicht auf dem Rücken der Pferde findet. Apropos Glück. Daniel bekommt auf der Suche danach Sehnsucht nach dem heimatlichen Dorf, kehrt zurück - und ist glücklich. Wie alle auf den Rängen auch. Am Ende tobt die Halle: Applaus für ein faszinierendes, perfektes Spektakel.
Klar sind Möhren gesund. Aber Bonbons machen glücklich.