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Kurzfilm Der Mensch bleibt klein

Der Film „Kaltes Tal“ ist für den deutschen Kurzfilmpreis nominiert. Er ist von Hallenser Filmemachern.

Von Uta Baier 14.11.2016, 23:01

Halle l Der Wald hängt im White Cube. Dort, im weißen, sterilen, leblosen Ausstellungsraum präsentiert er sein sattes Grün - als Foto-Kunstwerk. Eine Kamera fährt auf dieses Waldbild zu - der Film „Kaltes Tal“ von Johannes Krell und Florian Fischer beginnt. Es folgt das komplette Gegenteil: Bilder von weißem Kalkpulver, einer weißen Fabrik, von der gewaltigen Sprengung einer Steinwand, Bilder eines weiß bestäubten Waldes, der nicht märchenhaft verwunschen sondern tot wirkt. „Kaltes Tal“ wurde für den Deutschen Kurzfilmpreis in der Kategorie „Dokumentarfilm mit einer Laufzeit bis 30 Minuten“ nominiert.

Auf der Liste stehen zwölf Filme, die aus 281 Vorschlägen ausgewählt wurden. Die Siegerfilme werden am 17. November in der Hochschule für Fernsehen und Film in München bekanntgegeben und von Kulturstaatsministerin Monika Grütters ausgezeichnet.

In fein austarierten Bildern, die mit realistischen aber immer ein wenig mystisch wirkenden Tönen unterlegt sind, erzählen die beiden Filmemacher aus Halle nicht nur vom Kalksteinabbau im Harz, sondern auch von der Rückgabe des Kalks an die Natur. Denn er wird wieder als feines Pulver auf den Harzer Waldboden geblasen, um die Schäden des sauren Regens auszugleichen. Auch wenn es diesen Kreislauf nicht direkt gibt, leuchtet er sofort ein. „Ein solch absurder aber interessanter Kreislauf entsteht, wenn der Mensch versucht, das zu heilen, was er zuvor beschädigt hat“, erzählen die Filmemacher über ihre Idee im Gespräch mit der Volksstimme.

Der schädigende und heilende Mensch kommt allerdings höchstens als farbiger Punkt vor. Er hat keine Sprache, kein Gesicht wird ihm, dem Verursacher von bösem Zischen, lautem Motorengeräusch, Explosion und Staub, gegeben. Die Hauptrolle spielt die Natur.

Gedreht haben Krell (1982 geboren) und Fischer (1981 geboren) im Harz, den die beiden Filmemacher gut kennen. Beiden fielen bei ihren Streifzügen durch die Landschaft von feinem Kalkstaub bedeckte Büsche in der Nähe eines Tagebaus auf. Bei Recherchen fanden sie Hinweise auf die Praxis der „Waldkalkungen“.

Zwischen Idee und Realisierung lagen allerdings viele Monate, denn Förderungen für den Filmdreh zu bekommen, ist aufwändig. „Kaltes Tal“ wurde von der Hallenser Filmfirma Rosenpictures produziert, die von der Poetik des Films begeistert war. Der nächste Film hat dank Filmpreisnominierung bereits sein Startkapital, denn die Nominierung beinhaltet eine Projektförderung von 15 000 Euro. Gewinnen Krell und Fischer am 17. November, ist das Preisgeld doppelt so hoch.

Dann können sie die geplante Harz-Triologie bald beenden. Der erste Film mit dem Titel „Still life“ (2014) zeigt Bilder und Stimmungen rund um den blauen See bei Rübeland. Auch dieser See ist ein Ergebnis des Kalksteinabbaus. Das Thema für den dritten Film suchen die Filmemacher gerade. Sicher ist, er wird wieder langsame Bilder von vollkommener Harmonie und Symmetrie zeigen. Man kann sich die Filme von Krell und Fischer gut in einer Kunstausstellung vorstellen. Sie in einem öffentlichen Museum sehen zu können, wäre prima, denn in der nächsten Zeit wird „Kaltes Tal“ auf Filmfestivals und danach - irgendwann - im Internet gezeigt. Mit attraktiven Sendeplätzen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen haben die jungen Filmemacher bisher noch keine Erfahrungen machen dürfen.

„Kaltes Tal“: Produzenten: Stephan Helmut Beier, Ray Peter Maletzki, Regie und Drehbuch: Johannes Krell, Florian Fischer