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Magdeburger Kunstmuseum Kloster Unser Lieben Frauen präsentiert Foto-Essay "Sworn Virgins" Die fremde Welt der Schwurjungfrauen

Von Grit Warnat 01.03.2013, 02:14

Die Fotografin Pepa Hristova ist mehrmals in die abgeschiedene Bergwelt Albaniens gereist, um Burrneshas aufzusuchen, jene Frauen, die als Männer leben. Sie nannte ihre Serie "Sworn Virgins". Das Kunstmuseum Kloster Unser Lieben Frauen zeigt den Foto-Essay bis zum 26. Mai.

Magdeburg l Wer in die Bergwelt Nordalbaniens reist, erlebt eine archaische Natur und Menschen, die in großer Abgeschiedenheit ein entbehrungsreiches Leben führen. Und sie leben mit einer jahrhundertealten Tradition. Der Kanun regelte das Zusammenleben - teilweise bis heute.

Die noch aus dem Mittelalter stammende Gesetzessammlung zeigt vor allem, wie wichtig den Menschen persönliche Ehre ist. Und der Kanun ermöglicht Familien, die Vater oder Sohn verloren haben, eine Tochter zum Familienoberhaupt zu bestimmen.

Diese Frauen, die die Rolle der Männer einnehmen, heißen Burrneshas, "geschworene Jungfrauen". Die aus Bulgarien stammende und in Hamburg lebende Künstlerin Pepa Hristova reiste in den vergangenen Jahren dreimal in die albanische Bergwelt, suchte diese Frauen auf, fotografierte sie. Im Kunstmuseum führt sie den Besucher mit Porträt- und Landschaftsbildern in diese uns so fremde Welt.

Da ist Drande. Sie war 19, als sie ihre Mädchenkleider abgelegt hatte. Porträts zeigen Drande auf dem Sofa liegend, gemeinsam mit der Mutter, sitzend auf dem Sofa - geschmückt mit Spitzendeckchen und Kuscheltier. Hristova liegt viel an diesen Details des Umfeldes, an Bildern, an Blumenvasen. Die Fotografin beobachtet genau. Sie inszeniert behutsam, es geht ihr ums Innehalten. Sie selbst spricht von einer Halbinszenierung. "Sie sind in ihrer Realität und ich sage stopp und fotografiere", sagt Pepa Hristova. Die Realität sind das bescheidene heimische Wohnzimmer, das Feld am Dorf. Auf dem Feld sitzt Haki. Zigarette in der Hand, Zigarette im Mund. Bei ihr wird der Geschlechter-Rollenwechsel am deutlichsten. Wohl auch, weil Haki von Geburt an als Junge aufgezogen wurde.

Feinsinniges Gespür für fremde Kulturen

Wie gelang Hristova der Zugang zu diesen Frauen? Es sei wohl ihre bulgarische Mentalität gewesen, ihr vorsichtiges Rantasten, dass sich die Burrneshas geöffnet haben, erzählt sie. Es war wohl aber auch ihr feinsinniges Gespür für fremde Kulturen. Sie selbst, so sagt die 1977 in Bulgarien geborene Fotografin, habe eine Identität verloren und sich in Deutschland neu finden müssen. Immer wieder beschäftige sie sich deshalb mit Fragen der Identität und des Identitätsverlustes. Die "Sworn Virgins" sind dabei nur ein Projekt.

Wie fern uns der Kanun auch sein mag, diese Menschen aus der albanischen Bergwelt schauen uns mit einer großen Entschlossenheit direkt in die Augen und kommen uns somit sehr nahe.

Ausstellung bis 26. Mai, täglich 10 bis 17 Uhr, montags geschlossen