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"König Hirsch. Ein Sommermärchen" hat im Magdeburger Puppentheater Premiere Ein gelbes Spektakel mit derben Späßen

Von Claudia Klupsch 15.07.2013, 01:24

Die Frage reizt: Sind die schrillen Stücke der Commedia dell\' Arte aus dem barocken Italien fürs hiesige Publikum überhaupt geeignet? Eine Antwort: Ja, wenn die Comedia gut inszeniert ist.

Magdeburg l Das Puppentheater Magdeburg wählte für sein diesjähriges Hofspektakel Carlo Gozzis "König Hirsch". Prädikat nach der Premiere vergangenen Donnerstagabend: Gut gemacht.

Das tragikomische Märchen stammt aus dem Jahre 1762. Otto Zoff bearbeitete den Text und machte daraus "König Hirsch. Ein Sommermärchen". Er ist nun Vorlage für ein buntes Sommerspektakel unter der Regie von Frank A. Engel.

Eine Armada an skurrilen Figuren hat ihren Auftritt. König Deramo (Claudia Luise Bose) lässt "vorsprechen". Er sucht eine Braut. Smeraldina (Anna Wiesemeier) kommt als aufgerüschtes Weibchen daher, das eigentlich Leander (Leonhard Schubert) liebt und deshalb den König anflunkern muss.

Die lüsterne Clarice hat keine Chance

Doch der ist im Besitz der magischen Statue, die mit einem lauten Lachen dem König ihre Lügen anzeigt. Da hat auch die lüsterne, schamlose Clarice (Freda Winter) keine Chance. Die liebreizende Angela mit reinem Wesen gewinnt schließlich das Herz des Königs, denn bei ihr hat die Statue nichts zu lachen.

Barbara Weinhold und Kerstin Schmidt schufen eine umwerfende Fülle an Kostümen, Masken und Puppen. Sechs Puppenspieler leisten mit rasanten Auf- und Abgängen und im permanenten Wechsel von Rollen und Spielarten Schwerstarbeit. Die Kunst: Sie schaffen es, eine Leichtigkeit auszustrahlen und ihren Spaß am überdreht-verrückten Spiel spüren zu lassen. Es herrschen Trubel, Tempo, Temperament.

Leichtigkeit strahlt auch die mit einem quietschegelben Stoff umrahme Bühne von Kerstin Schmidt aus. Die Charaktere sind herrlich durch Maske und Kostüm herausgearbeitet - etwa durch bloßen Busen oder Unschuldsgesicht.

Ein Puppenspieler - zur schrillen Type verkleidet - ist auch "nur" eine Puppe, die gestenreich die Szene spielt. Die zugehörige Stimme liefert jedoch ein anderer Spieler in gelbem Kapuzen-Anzug. Mitunter sind es zwei, drei gelbe Stimmenträger, die eine Figur ergeben, sie spielen, sie tanzen. Welch originelle Idee.

Verblüffend sind die vielen Arten von Puppen. Bösewicht Tartaglia, befellt und mit teufelsrotem Gesicht, ist Puppenspieler Christoph Leuermann um den Bauch geschnallt. Minister Pantalone hat einen kugelfischrunden Körper mit Riesenschlund. Truffaldino (Nis Søgaard) ist Männchen mit Riesenkopf auf einem Einrad.

Witzige Derbheit gehört zum grotesken Märchenstück

Clarice heizt ihm übrigens ordentlich ein. Ein erigierter Penis lugt alsbald heraus. Witzige Derbheit gehört zum grotesken Märchenstück dazu. Das bunte Treiben wird noch einmal um einiges lebhafter, als der König in einen Hirschen verwandelt wird, der Bösewicht die Gestalt des Königs annimmt, um sich an Angela ranmachen zu können. Die Irrungen und Wirrungen nehmen ihren Lauf - sehr zum Vergnügen des Publikums. Die Bühne ist inzwischen ein tiefer Wald, in dem sich urkomische Jagdszenen abspielen - auf fliehendem Hirsch und blökender Ziege zum Beispiel.

"König Hirsch. Ein Sommermärchen" ist ein ulkiger Spaß. Und am Ende siegt natürlich: die Liebe.