Lyonel-Feininger-Galerie zeigt Ausstellung erst in Reutlingen, dann im eigenen Haus Ein Sinnbild höherer Wirklichkeit
Die Lyonel-Feininger-Galerie widmet sich in der ersten Ausstellung des Jahres der künstlerischen Arbeit Feiningers und würdigt zugleich Sammler Hermann Klumpp.
Quedlinburg l Der gebürtige Quedlinburger Hermann Klumpp (1902-1987) hat nicht nur bedeutende Werke von Lyonel Feininger (1871-1956) vor den Nazionalsozialisten gerettet, sondern sich zu DDR-Zeiten jahrelang für die Gründung eines Museums eingesetzt. Dessen Eröffnung 1986 hat der promovierte Jurist noch erleben können - ein Jahr später war er verstorben.
In der ersten Ausstellung des neuen Jahres würdigt die Feininger-Galerie ihren Gründungsvater. Anlass sind zwei Jahrestage: Am 9. April vor 110 Jahren wurde Hermann Klumpp in Quedlinburg geboren, am 29. Juni ist Klumpps 25. Todestag.
"Wir wollen ihn auch als einen Kunstkenner und Künstlerfreund in Erinnerung rufen", sagt Björn Egging. Klumpp hatte von 1929 bis 1932 am Bauhaus in Dessau studiert, war Schüler von Ludwig van der Rohe. Dort begann seine Freundschaft zu Lyonel und Julia Feininger. Klumpp hatte aber auch engen Kontakt zu anderen Künstlerkollegen der Klassischen Moderne wie Wassily Kandinsky, Paul Klee und Karl-Schmidt-Ruttloff.
Als Feiningers sich entschlossen, 1937 das nationalsozialistische Deutschland, das Feininger als "entarteten Künstler" diffamierte, Richtung USA zu verlassen, haben sie einen beträchtlichen Teil seines Werkes in die Obhut von Klumpp gegeben. Der Quedlinburger hatte die Arbeiten in seinem Haus unter hohem persönlichen Risiko versteckt.
Heute befindet sich die Sammlung von Dr. Hermann Klumpp als Dauerleihgabe in der Feininger-Galerie. Das Museum und Ausstellungshaus am Fuße des Schlossberges verfügt damit über einen der weltweit bedeutendsten Bestände der Druckgrafik Lyonel Feiningers.
Feininger und Klumpp - beide stehen im Mittelpunkt der neuen Ausstellung.
"Ein Sinnbild höherer Wirklichkeit" ist sie überschrieben, eine Formulierung, die von Klumpp stammt und Feiningers in vielen Bildvarianten angestrebte "einfachste Form" seiner "inneren Vision" beschreibt. Die Exposition ist in Kooperation mit dem Städtischen Kunstmuseum Spendhaus Reutlingen in Baden-Württemberg entstanden und wird, bevor sie ab 9. April im Ausstellungshaus Quedlinburg zu sehen sein wird, in Reutlingen in etwas anderer Form gezeigt. 80 Arbeiten Feiningers und weiterer Künstler aus der Sammlung Dr. Hermann Klumpp werden ausgestellt.
Brandschutz, Ausbau und zukünftig weniger Geld
Das Spendhaus, vom Kunstmagazin "art" in der jüngsten Ausgabe als Holzschnitt-Mekka bezeichnet, hatte in Quedlinburg angefragt. Björn Egging: "Wir waren froh, Feiningers Werk in einer Zeit zeigen zu können, in der unsere Galerie geschlossen ist."
Derzeit ist der Kunsthistoriker eher als Bauleiter tätig. Noch bis Anfang April kann sein Haus keine Besucher empfangen, 600000 Euro werden in den Brandschutz investiert. Doch die eigentliche Großbaustelle liegt direkt vor der Haustür: Der Schlossberg 11 wird ausgebaut, und es entsteht ein neuer Verbindungsbau. 2,5 Millionen Euro beträgt die Investitionssumme - für eine Druckwerkstatt sowie Ausstellungs- und Seminarräume. Es sind Räume für die Bildungsarbeit und Kunstvermittlung, für die das Haus eine Museumspädagogik-Stelle geplant hatte. Da waren die Finanzkürzungen noch nicht aktuell.
Denn wenn die Arbeiten voraussichtlich im Herbst 2013 fertiggestellt sein werden, ist für die Museumspädagogik kein Geld mehr da. "Wir werden uns etwas einfallen lassen", sagt der Museumsleiter trotzdem optimistisch.
Um 70000 Euro reduziert der Landkreis Harz ab 2013 seinen bisherigen 270000-Euro-Zuschuss für das Betreiben der Galerie - den Beschluss im Dezember hatte Egging trotz des schmerzhaften Finanzeinschnittes als Erfolg bezeichnet. Denn in der Diskussion war sogar ein Abschmelzen des Finanzzuschusses auf 130000 Euro. Die Galerie, seit 2006 eine Einrichtung der Stiftung Moritzburg, hätte dann nach Einschätzung der Stiftung nicht überleben können.
Noch in diesem Jahr wird die Feininger-Galerie mit jeweils 270000 Euro von Land und Landkreis sowie 10000 Euro von der Stadt Quedlinburg gefördert. Jährlich zählt das Haus 15000 Besucher.