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Nordharzer Städtebundtheater und Landesbühne Lutherstadt Eisleben streben Fusion an Eine Ehe aus finanziellen Erwägungen

Von Grit Warnat 15.02.2013, 02:18

Das Nordharzer Städtebundtheater mit seinen Spielstätten in Halberstadt und Quedlinburg und die Landesbühne Eisleben wollen fusionieren. Termin der Theater-Ehe ist der 1. Januar 2014.

Halberstadt l Theo Lingen (1903 bis 1978) hat in Halberstadt auf der Bühne gestanden, Gustav Gründgens (1899-1963) war in der Spielzeit 1920/21 am dortigen Haus engagiert. 200 Jahre schon währt die Theatertradition in Halberstadt. Quedlinburg muss sich dahinter nicht verstecken. Auf diese Tradition verweisen Theaterfreunde oft in diesen Zeiten, in denen das Geld knapper wird.

Um die zukünftige Finanzierung des Städtebundtheaters und eine zukunftsweisende Struktur wird seit Monaten diskutiert. Jetzt steht das Haus aus finanziellen Erwägungen vor einer Fusion - mit der Landesbühne Eisleben. Die Fusion könnte die Rettung für das Schauspielhaus in Eisleben bedeuten.

"Wir sind schon auf einem guten Weg, stehen aber noch ganz am Anfang", sagte Landrat Dirk Schatz. Der Landkreis Mansfeld-Südharz ist mit 78,9 Prozent wichtigster Gesellschafter der Theater- und Kulturwerk (gemeinnützige) GmbH, die Träger der Landesbühne Eisleben ist. Dieser Anfang, den Schatz benennt, sind nicht nur Gespräche, sondern bereits beschlossene Unterstützungserklärungen der einzelnen Träger für eine mögliche Fusion.

Johannes Rieger, Intendant des Nordharzer Städtebundtheaters, der in vielen Monaten auch viele Diskussionen erlebt hat, zeigt sich verhalten optimistisch, er nennt es hoffnungsvoll, wenn er über diesen Plan redet. Rieger: "Wir haben jetzt ein Ziel vor Augen." Zum 30. Juni soll ein Ergebnis der Fusionsverhandlungen vorliegen. Zum 1. Januar 2014 könnten die Bühnen in Halberstadt und Quedlinburg, die bereits vor 20 Jahren eine Ehe eingingen, sich mit Eisleben zusammenschließen.

"Bis dahin ist auf beiden Seiten aber noch viel zu tun", so Landrat Schatz.

Beide Häuser haben sich auf einen theoretischen Probelauf verständigt. "Wir brauchen einen Dummy-Spielplan. Wir müssen schauen, wo es welche Probleme geben wird", sagt Rieger.

Es geht auch um das Theater in der Fläche. Quedlinburg und Halberstadt trennen 70 Kilometer Straße. Für Rieger und seinen Eisleber Amtskollegen Ulrich Fischer ist das nicht ganz neu. Beide kennen sich aus mit Aufführungen an anderen Orten. Das Nordharzer Städtebundtheater bespielt im Sommer unter anderem das Bergtheater Thale. Da muss auf blockweise Proben gesetzt werden, um die Hin- und Herfahrerei in Grenzen zu halten. Die kostet nicht nur Zeit, sondern auch Geld.

"Wir müssen ausprobieren und durchrechnen"

Johannes Rieger

Apropos Zeit. Davon bleibt nicht viel. "Wir müssen zügig mit dem Fusionskonzept vorankommen, weil im späten Frühjahr für das Musiktheater der Spielplan für 2014/15 festgezurrt werden muss", sagt der Halberstädter Intendant. Im Blick hat er vor allem auch die Gastspiele, die sein Haus verkaufen muss. Es geht um eine sechsstellige Summe.

Strukturveränderung gleich Mitarbeiterkündigung? "Keinem soll betriebsbedingt gekündigt werden", sagt Rieger. "Synergien sollen daraus gezogen werden, dass man Doppelbesetzungen sukzessive abbauen kann."

Vom Land gibt es positive Signale für das Konzept.

Der Deutsche Bühnenverein spricht ebenfalls von wichtigen Synergieeffekten, die eine Fusion mit sich bringen könnte. Trotzdem, sagt Rolf Bolwin, der geschäftsführende Direktor des Deutschen Bühnenvereins, sehe er Fusionen in der deutschen Theaterlandschaft generell mit gemischten Gefühlen, weil sie eine gewisse Einschränkung mit sich bringen. "Für beide Theater ist es aber ein Überlebensweg zur Sicherung des kulturellen Angebotes in der Region."

Alle drei Theatersitze - Halberstadt, Quedlinburg und Eisleben - sollen erhalten und Produktionsstätten mit Premieren bleiben. Rieger: "Wir müssen ausprobieren und nüchtern durchrechnen, wie wir am besten klarkommen." Maske, Kostüme, Bühnenbau - wo wird was angesiedelt?

Diskussionen gab es bereits über den Sitz des Schauspiels. Eisleben ist ein Schauspielhaus mit zwölf Schauspielern. Quedlinburg hat jahrzehntelange Schauspieltradition, ist dafür Bühne des Nordharzer Städtebundtheaters. Das hat sieben Schauspieler in seinen Reihen. Eine Fusion kann somit das Repertoire dieser Sparte für Quedlinburg und Halberstadt vergrößern, aber auch Musiktheater in Eisleben wäre wieder möglich.

Es gibt noch viele Fragezeichen - auch Ängste und Befindlichkeiten. Vor allem aber wird es auf die große Frage zulaufen, wofür die Träger ihr Geld geben. Und wie viel davon. Seite 4