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Leipziger Museum zeigt ab heute eine Sonderausstellung Eine Hose wird zum Rock: Kreativität in der DDR-Mode

24.08.2011, 04:32

Für den Westdeutschen ist es einfach: Mode in der DDR, die war doch wie die Häuser dort - einheitlich grau und eintönig. Das sah man im DDR-Fernsehen und versandte daher Schickes in Westpaketen an die Verwandtschaft im Osten. Bis die vergessen geglaubten Stonewashed-Jeans im Herbst 1989 plötzlich wieder in natura auf den Straßen auftauchten. Der Geschmack des Westens hatte im Osten etwas länger überlebt.

Von Matthias Hasberg

Leipzig (dapd). Mode und DDR - ein Thema, das mit vielen Vorurteilen beladen ist. Das Stadtgeschichtliche Museum Leipzig widmet dem Thema jetzt die Sonderausstellung "Malimo Co. - Mode in der DDR zwischen Traum und Wirklichkeit". Sie wird heute eröffnet.

Regina Söffker versucht einen differenzierten Blick zurück. DDR-Mode, "das ist wie mit einer gescheiterten Beziehung aus: Man ist froh, dass es vorbei ist und erinnert sich doch an viele schöne Momente". Die in Berlin lebende Autorin hat sich in einem Buch mit der Mode in der DDR auseinandergesetzt.

"Alles, was ein bisschen hübsch war, fiel dem Rotstift zum Opfer", beklagt sie. Doppelnähte, Applikationen, Knopfleisten, für die Wirtschaftsplaner in der DDR waren solche Dinge mit ihrem Nützlichkeitsdenken nicht vereinbar. Der Materialmangel und die veralteten Maschinen taten ein Übriges. Allzu Modisches war auch nicht gewünscht, galt dies in der Ideologie doch als westlich-dekadent, als Luxus gar.

Eine Nähmaschine gehörte zum Haushalt

Nur war die Ideologie nicht alltagstauglich, kaum eine Frau möchte sich von einem Funktionär vorschreiben lassen, was sie tragen soll. Und so wurde über die Jahre die Mode in der DDR, was sie im Westen immer seltener war: kreativ. Was es nicht zu kaufen gab, wurde selbst gemacht. "So gut wie jede Frau hatte eine Nähmaschine zu Hause stehen", erinnert sich Söffker. Sie habe einmal einen neuen Rock geschneidert bekommen aus der umgekrempelten Hose ihres Vaters.

Bei den Accessoires half mitunter ein Griff in die Küche, aus trockenen Sternchennudeln ließ sich mit ein bisschen Farbe eine prachtvolle Kette zusammenstecken, berichtet Autorin Söffker.

Farbenfrohe Kleider und der "Rote Dior"

Tonangebend in Sachen Mode war in der DDR neben der Zeitschrift "Sybille" der Buchverlag für die Frau in Leipzig. Dort erschien im vergangenen Jahr eine Art Retrospektive auf die Kleidung im Arbeiter- und Bauernstaat. Schwarz-Weiß sind darin die alten Fotografien, die Kleider selbst strotzten nur so vor Farbe, vor allem in den 1970er Jahren.

Und in ihren ersten Jahren hing die DDR in Sachen Mode kaum hinter dem Westen hinterher. Heinz Bormann schuf in den 1950er und 60er Jahren in Magdeburg eine auch international anerkannte Marke, die sich nicht nur im Schrank der First Lady Lotte Ulbricht wiederfand, sondern auch in den Katalogen von Neckermann und Quelle, wie Autorin Ute Scheffler sagt. Der "Spiegel" taufte ihn 1965 den "Roten Dior".

Heute wundert sich Scheffler über die Gleichförmigkeit in der Mode. Vor allem die allgegenwärtigen Jeans hätten die Mode stark vereinheitlicht. In bestimmten Altersklassen und Milieus herrsche eine modische Gleichheit, wie es sie in der DDR nie gegeben habe, sagt sie. Trends haben den Geschmack ersetzt. "Man muss wissen, was zu einem passt", sagt Autorin Söffker. Da genüge ein kritischer Blick in den Spiegel. Sie selbst habe als Jugendliche in der DDR einmal die heißbegehrten Nylonstrümpfe aus dem Westen geschickt bekommen. "Allerdings in Blau, das passte gar nicht zu mir, die hab\' ich gleich weggeschmissen", sagt sie.

Die Ausstellung "Malimo Co. - Mode in der DDR zwischen Traum und Wirklichkeit" ist bis 8. Januar im Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig zu sehen. In einer Begleitausstellung werden Modefotografien von Günter Rössler gezeigt.

Öffnungszeiten: dienstags bis sonntags sowie an Feiertagen 10 Uhr bis 18 Uhr.