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Eingestürzt Wiederaufbau der Rakotz-Grotte

Steinmetze müssen im Rhododendronpark Kromlau ein echtes 3D-Puzzle bewältigen. Bis 2020 soll die Rakotz-Grotte wieder aufgebaut sein.

07.08.2019, 23:01

Gablenz (dpa) | Aus einem großen Berg Felsbrocken hinter einem Absperrband lugt ein Rest eines Sandstein-Fußes heraus. "Auch das ist ein Stück Herkules, das wir bei der Beräumung der Grotte wiedergefunden haben", sagt Bauingenieur Thomas Bauer. Gemeinsam mit dem Architekten Jörg Lauterbach und dem Steinmetz Sven Schubert betreut er die Restaurierung und Rekonstruktion des weltbekannten Rakotz-Ensembles im Rhododendronpark Kromlau. Mit der Grundsteinlegung zum Wiederaufbau der Grotte ist die Gemeinde Gablenz nun einen Schritt weiter, der denkmalgeschützten Gruppe ihr ursprüngliches Aussehen zurückzugeben. 2020 soll das Vorhaben abgeschlossen sein.

Bauer kennt dieses "einmalige Beispiel für die Gartenarchitektur der Romantik" seit Mai 2018. Damals kam er in die sächsische Gemeinde, um das vom Einsturz bedrohte "Sorgenkind", die berühmte halbkreisförmige Rakotzbrücke, sowie die dazugehörigen Bauten zu begutachten. Die Spezialisten für Steinkonstruktionen kennen sich aus mit schwierigen Fällen. Sie waren unter anderem an der Rückkehr der Dresdner Frauenkirche und des Berliner Schlosses beteiligt und gehören zum Team beim Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonskirche.

Ihre Projekte beginnen häufig – und so auch im Kromlauer Park – mit der Bergung der Steine aus den Trümmern sowie mit dem virtuellen Durchspielen des Einsturzszenarios. Während die Brücke ab September mit einem Traggerüst gesichert und dann saniert wird, krachte die Grotte bereits 1952 ein, höchstwahrscheinlich wegen des Drucks des Eises aus dem Rakotzsee. "Das Eis hat die Grotte quasi weggeschoben", sagt Bauer. Die oberste Lage des Trümmerfelds haben die Rekonstruktionsexperten fast 70 Jahre nach dem Einsturz eingescannt und nummeriert. Danach wurde die nächsten Gesteinsschichten auf die gleiche Art kartiert und im abgelassenen Seebett gelagert.

Parallel zur Bergung der Steine wertete Lauterbach vier historische Fotografien aus und stellte die Aufnahmen virtuell ins Gelände. Der Architekt zeigt auf eine solche alte Aufnahme, datiert um 1900. Ein paar unbekannte Personen schauen zum Fotografen. "Diese Frau mit der Wolljacke war maßstabbildend für die ganze Grotte", sagt er und zeigt auf eine sehr gerade stehende Dame. Über ihr ist die Figur des Herkules zu erkennen. Der Fund von vier Teilen des Helden aus der griechischen Mythologie bezeichnet der stellvertretende Bürgermeister Peter Weszkalnys als "spektakulär". Neben Herkules zeigt die Sandsteingruppe den mythologischen Riesen Antaios.

Auch diese vergessenen Figuren werden an ihren alten Platz zurückkehren. Für die Kollegen um den Steinmetz Schubert hat ein riesiges dreidimensionales Puzzle begonnen, denn aufgrund der detailgetreuen Untersuchung können 75 Prozent der Steine aus der eingestürzten Grotte wieder zugeordnet werden. Bevor die Steine im Original an ihren Platz kommen, baut Lauterbach aus den eingescannten Steinen und den ausgerechneten Maßstäben die Grotte virtuell wieder auf. Für den künftigen sicheren Halt erhält die Höhle zudem ein unsichtbares Stahlbetonskelett. "Für diesen Wiederaufbau gibt es kein wirkliches Vorbild, aber es ist ein Stück Geschichte, das gerade aus dem Dornröschenschlaf aufwacht", sagt Bauer.

Der 200 Hektar große Park selbst ist Eigentum der Gemeinde Gablenz mit rund 1400 Einwohnern im Landkreis Görlitz. Für die Kommune ist das Projekt eine Mammutaufgabe. "Die Bürger kümmern sich ehrenamtlich um den Erhalt des Parks", sagt Weszkalnys. Auch aus diesem Grund wird die Restaurierung des gesamten Rakotz-Ensembles zu 100 Prozent gefördert. Bund und Länder geben nach Angaben der Gemeinde 4,2 Millionen Euro. Errichten ließ den heutigen Rhododendronpark und die dazugehörigen Bauwerke mit des 19. Jahrhunderts Friedrich Herrmann Rötschke. Die Rakotzbrücke aus Basalt mit der Spiegelung ihres Bogens im gleichnamigen Rakotzsee gehört zu den bekanntesten Wahrzeichen der Lausitz.