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Ellen Burstyn über starke Frauen

Ellen Burstyn hält nichts von Frauen, die sich Männern unterordnen. Das wird in den Filmen deutlich, in denen sie starke Charaktere spielt. Auch privat ist Burstyn kämpferisch und gibt sich als Fan von Hillary Clinton zu erkennen.

Von Interview: Cordula Dieckmann, dpa 27.06.2016, 12:39

München (dpa) - Modern, selbstbewusst und kämpferisch: Ellen Burstyn weiß, was sie will. Besonders am Herzen liegen der 83-jährigen Schauspielerin die Rechte der Frauen.

Deshalb hofft sie auch, dass Hillary Clinton die nächste US-Präsidentin wird und nicht Donald Trump. Ich glaube nicht, dass die Mehrheit der amerikanischen Wähler dumm genug ist, ihn zu wählen, sagte sie im Interview der Deutschen Presse-Agentur und einem Radiosender in München. Beim Filmfest wird Burstyn am Montagabend mit dem CineMerit Award für ihr Lebenswerk geehrt.

Frage: Eine ihrer berühmtesten Rollen ist die der Alice in Alice lebt hier nicht mehr, für die sie 1975 einen Oscar erhielten. Wie kam Alice zu Ihnen?

Antwort: Ich habe Der Exorzist gedreht. John Calley, der Chef von Warner Brothers, sah sich immer das gedrehte Material des Tages an. Er rief meinen Agenten an und sagte, wir wollen einen weiteren Film mit ihr machen. Sie schickten mir alle Drehbücher mit Frauenrollen, die sie hatten. Aber die waren alle altmodisch.

Frage: Inwiefern?

Antwort: Wir waren mitten in einer Frauenbewegung und waren dabei, aufzuwachen: Wir sind Menschen, wir haben unser eigenes Leben, wir sind nicht nur Ehefrauen, Töchter und Mütter. Ich suchte deshalb nach einem Buch, dass das Leben von Frauen abbildete, wie ich es um mich herum und auch bei mir selbst sah. Ich fand das Alice-Drehbuch, brachte es Warner Brothers und sie kauften es. Sie fragten mich, ob ich Regie führen wollte. Aber ich sagte, ich will nicht inszenieren und gleichzeitig schauspielern. (...) Ich sagte, ich will jemand Neuen und Aufregenden. Ich rief (Francis Ford) Coppola an und fragte, wer ist neu und aufregend? Und er sagte, sieh dir den Film Mean Streets (Hexenkessel) an. (...)

Frage: Von Martin Scorsese.

Antwort: Ich sah mir den Film an, fand ihn toll und traf mich mit Scorsese in Calleys Büro. Ich sagte, ich mag ihren Film, aber es gibt darin nur eine Frau. Ich kann nicht beurteilen, ob Sie etwas von Frauen verstehen. Ich möchte, dass diese Geschichte aus der Sicht einer Frau erzählt wird. Ich fragte ihn, wissen Sie etwas von Frauen? Und er sagte: Nein, aber ich würde es gerne lernen. Das war die beste Antwort, die er geben konnte. Also arbeiteten wir zusammen, und ich habe die richtige Wahl getroffen, offensichtlich.

Frage: Nicht nur in Alice, auch in anderen Filmen haben Sie oft starke Mutterrollen gespielt. Wie würden Sie die Situation der Frauen in Hollywood beschreiben?

Antwort: Als wir Alice gedreht haben, war es der erste Film, der aus Sicht einer Frau gedreht wurde. Andere folgten, wenn auch nicht so viele, wie wir es gerne hätten, und nicht so viele wie aus der Sicht von Männern. Aber es gibt einen Fortschritt. Eine Frau hat einen Oscar als Regisseurin gewonnen, das ist eine große Sache. Aber wir dürfen erst seit rund 100 Jahren in Amerika wählen. Die Patriarchen geben eben nicht leicht auf. Sie müssen weiter ermutigt werden, die Zügel der Macht abzugeben. Der Anteil an Männern verglichen mit dem Anteil an Frauen in der Filmindustrie ist beschämend.

Frage: Könnte dieses Patriarchat durch Politiker wie Donald Trump wieder stärker werden?

Antwort: Ich glaube, es wird eher besser, weil er so ein armseliges Beispiel eines Mannes abgibt.

Frage: Sie spielen in House of Cards mit. Ihr Schwiegersohn Frank Underwood treibt in der Serie als US-Präsident seine Machtspielchen, und unfassbare Intrigen werden gesponnen. Was ist zur Zeit verrückter, die Fiktion oder die Wirklichkeit?

Antwort: Es ist so bizarr, was in der Realität passiert, das nichts, was in House of Cards vorkommt, unmöglich erscheint. Ich dachte öfter, sie würden es in der Serie übertreiben. Aber sie haben mir geantwortet: Jedes Mal, wenn wir dachten, wir würden zu weit gehen, hat uns die Wirklichkeit noch übertroffen. Die Situation, die wir gerade mit Trumps Wahlkampagne haben, übertrifft alles, was ich je gesehen habe. Ich glaube nicht, dass er gewinnt, auf gar keinen Fall. Ich glaube nicht, dass die Mehrheit der amerikanischen Wähler dumm genug ist, ihn zu wählen.

Frage: Halten Sie es mit der Demokratin Hillary Clinton?

Antwort: Sie ist eine großartige Kandidatin, egal was über sie gesagt wird. Es ist wirklich an der Zeit, dass wir endlich eine Frau bekommen. Es ist beschämend, dass wir so lange gebraucht haben, um überhaupt eine Frau als Kandidatin zu nominieren.

ZUR PERSON: Ellen Burstyn wurde 1932 als Edna Rae Gilhooley in der us-amerikanischen Stadt Detroit geboren. Bekannt ist die 83-Jährige aus Filmen wie William Friedkins Der Exorzist oder Die letzte Vorstellung von Peter Bogdanovich. Für Alice lebt hier nicht mehr unter Regie von Martin Scorsese bekam sie den Oscar. Aktuell ist sie in der Politserie House of Cards zu sehen sowie ab 28. Juli im Episoden-Kinofilm Wiener Dog von Todd Solondz.

Filmfest München zu Ellen Burstyn

Wiener Dog