Ewige Jugend: Sorrentinos neues Meisterwerk
Mit Weltstars inszeniert Oscar-Preisträger Paolo Sorrentino (La Grande Bellezza) im neuen Film Ewige Jugend ein Bravourstück über die großen Themen des Lebens: Liebe, Altern und Freundschaft.
Davos (dpa) - Altherren-Kitsch oder Weltfilmkunst? Die Antwort soll hier eindeutig ausfallen: großes europäisches Kino! Mit dem Film Ewige Jugend (Originaltitel: Youth) hat der italienische Oscar-Preisträger Paolo Sorrentino seinen zweiten Film in englischer Sprache gedreht.
Ewige Jugend spielt in den Schweizer Alpen und wartet mit großen Stars auf, unter anderem einer unvergesslich fiesen Jane Fonda. Erzählt wird in elegischen Bildern und mit grandioser Musik eine Geschichte alter Männer. Statt ins dekadente Rom eines alten Jetset-Journalisten wie in La Grande Bellezza (2013), entführt Sorrentino den Zuschauer diesmal geradezu surreal in ein Grandhotel in Graubünden. Drehort war unter anderem das Hotel Schatzalp in Davos, das schon Thomas Mann für seinen Zauberberg inspirierte, außerdem das Hotel Waldhaus in Flims.
Die beiden Senioren und alten Freunde Fred Ballinger (Michael Caine) - ein gefeierter Komponist und Dirigent - und der Filmemacher Mick Doyle (Harvey Keitel) verbringen einen Wellness-Urlaub in den Bergen.
Dabei begegnen sie allerhand liebenswerten Figuren: zum Beispiel einem Filmstar, der mit der Rolle hadert, die ihn einst berühmt machte (Paul Dano), einer selbstbewussten Schönheitskönigin (Madalina Diana Ghenea) oder einem dicken Mann mit Marx-Tattoo und Sauerstoffgerät, dargestellt von einem Diego-Maradona-Double.
Während der Musiker Ballinger einfach nur seine Ruhe haben will, schreibt der Regisseur Doyle nebenbei mit einem jungen Autorenteam am Drehbuch für seinen letzten Film, der eine Art Testament werden soll. Doch die Launen seiner amerikanischen Muse Brenda (Jane Fonda), die im weiteren Verlauf einen Auftritt sondergleichen hat, drohen ihm einen Strich durch die Rechnung zu machen.
Der von Michael Caine dargestellte Komponist wird in seinem süßen Nichtstun immer wieder gestört. Ein Gesandter der Queen sucht ihn auf und will ihn unbedingt überreden, ein einziges Mal seinem Ruhestand abzuschwören und für die britische Königin seine berühmten Simple Songs zu dirigieren. Er lehnt mit Chuzpe ab. Hält er das durch oder bekommt der Zuschauer in dem zweistündigen Film doch noch Elizabeth II. (oder ein Double von ihr) zu sehen?
Ein weiterer Erzählstrang betrifft Ballingers Tochter (Rachel Weisz), die ihm vorwirft, ein abwesender, schlechter Vater gewesen zu sein. Außerdem quält die Tochter, die auch seine Managerin war und ist, Liebeskummer wegen ihres fremdgehenden Ehemanns, der für Sex mit einer Popsängerin durchgebrannt ist.
Geschickt verschiebt sich der Schwerpunkt des Films, der über Liebe, Altern und Freundschaft philosophiert, von Caines Figur zu Keitels Figur und wieder zurück. Trotz einiger Tragik bleibt das Bravourstück ironisch-schwebend und überzeugt mit überwältigender Schönheit - ganz in der ästhetischen Tradition von La Grande Bellezza. Ein melancholisches Meisterwerk, das Fans von Sorrentino oder auch Fellini nicht verpassen sollten.
Ewige Jugend, Italien/Frankreich/Schweiz/Großbritannien 2015, 118 Min., FSK ab 6, von Paolo Sorrentino, mit Michael Caine, Harvey Keitel, Rachel Weisz, Paul Dano, Jane Fonda.