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Gedenktag 90 Jahre Hundertwasser

Friedensreich Hundertwasser wäre am 15. Dezember 90 Jahre alt geworden. Die Grüne Zitadelle in Magdeburg war sein letztes Großbauwerk.

Von Grit Warnat 15.12.2018, 00:01

Magdeburg l Er war der Mann, der der modernen Architektur den Kampf angesagt hat. Er selbst nannte sich Architektur-Doktor. Er wollte, wie er sagte, der Architektur helfen. In seinen phantastischen Bau-Welten tanzen die Fenster, ragen Kugeln auf Zwiebeltürmen golden in den Himmel, sind Pfeiler dickbauchig und kunterbunt. Von Hundertwassers Bahnhof in Uelzen fahren Züge von Gleis 304 nach Magdeburg. Seine Bauten sind ein Farbrausch. Und vor allem: nichts ist gerade.

Genial nannten ihn die einen, andere peinlich-verrückt. In seinem radikalen „Verschimmelungsmanifest gegen den Rationalismus in der Architektur“ nannte er die Benutzung des Lineals verbrecherisch. Er hatte sehr eigene Träume und Vorstellungen vom Bauen. Die verwirklichte er erstmals Anfang der 1980er Jahre in seiner Geburtsstadt Wien und letztmals in Magdeburg. Wer die sachsen-anhaltische Landeshauptstadt besucht, will den gotischen Dom sehen, aber eben auch das Hundertwasserhaus. Es heißt Grüne Zitadelle, obwohl sie eigentlich rosafarben daherkommt. Der Name steht für das viele Grün, 171 Bäume wachsen aus dem Haus. 98 Prozent des Daches sind begrünt.

Bei einer der einstündigen Führungen wird dem Besucher aber noch viel mehr erzählt über den Menschen Hundertwasser, seinen Werdegang, seine Visionen, seine Fünf-Häute-Theorie, in der er die Architektur als dritte Haut ansieht. Unsere erste Haut ist unsere eigene – in der hielt er schon mal seine Reden. Nackt also. Und Hundertwasser gab sich zwei weitere Nachnamen: Dunkelbunt (wie seine Bilder) und Regentag. Der Künstler liebte den Regen.

Und man erfährt, dass der Anlass des Baues in Magdeburg ein Kinder-Malwettbewerb war. Die Frage: Wie möchte ich wohnen? 100 Kinder hatten Zeichnungen eingereicht. Die kleine Maria malte den Wohnstiefel mit bunter Fassade, schrägen Fenstern, Bäumen. Eine Wohnungsbaugenossenschaft als Eigentümer des Grundstückes schrieb den Künstler in Wien an. 1997 kam dessen Zusage. Seine Begründung für ein Ja: Magdeburg sei es würdig, von der geraden Linie befreit zu werden. In der geraden Linie wohne weniger Gott und menschlicher Geist, sagte Hundertwasser.

Mit der Zusage gab es jede Menge Diskussionen, auch eine Bürgerinitiative, die dafür kämpfte, vom unpassenden Bauvorhaben abzurücken.

Nach zwei Jahren Bauzeit wurde im Oktober 2005 die 27,1 Millionen Euro teure Grüne Zitadelle eingeweiht. Hundertwasser war da schon drei Jahre tot. Da er aber alles bis ins Detail geplant hatte, wurden seine Ideen postum umgesetzt – Hundertwassers Lieblingsfarbe Rosa, bewegte Wege, an denen Murmelliebhaber ihre wahre Freude haben, die Zwiebeltürme und die 750 Fenster, die bis hin zu den Fenstergriffen so verschieden sind wie die Bewohner des Hauses. Nur ein von ihm gedachter wellenförmiger Zebrastreifen wurde nicht umgesetzt – da pochte die zuständige Behörde auf die geradlinige Ordnung.