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Ausstellung im Winckelmann-Museum Stendal Gezeichnete und fotografierte Erinnerungen an Ägypten

Von Grit Warnat 15.07.2010, 06:49

Wer die Räumlichkeiten des Winckelmann-Museums betritt, taucht in eine vergangene, faszinierende Welt ein. 100 Fotografien sowie Lithografien, Stiche und Karten aus der Sammlung Dan Kyram ( Jerusalem ) nehmen den Betrachter mit in das Land am Nil des 19. Jahrhunderts. " Erinnerung Ägypten " ist die Ausstellung überschrieben. Sie ist bis zum 5. September zu sehen.

Stendal. Nilometer, Ruinen einer Moschee, der Obelisk von On, ein Kalifengrab, der Eingang eines arabischen Hauses, ein Schöpfrad in Nubien. Mit Akribie hat David Roberts ( 1796 bis 1864 ), einer der wichtigsten und zu seiner Zeit bekanntesten englischen Architekturmaler, all das zeichnerisch festgehalten, was ihm auf seiner 1838 begonnenen Reise von Kairo nach Abu Simbel begegnet war. Zahlreiche Skizzen und Zeichnungen waren entstanden – Grundlage für seine handcolorierten Lithografien, von denen einige im Winckelmann-Museum ausgestellt sind.

Immer wieder begegnen die künstlerischen Arbeiten des einstigen Theatermalers dem Betrachter beim Rundgang. Nadine Prescher vom Winckelmann-Museum schwärmt von der Robertschen Liebe zum Detail, von der Motivwahl und seinem Geschick, das magische Licht des Orients so beeindruckend einfangen zu können. Er habe Kultur dokumentiert, " die bereits im 19. Jahrhundert langsam am Verschwinden war ", heißt es im Katalog zur Ausstellung ( Harrassowitz Verlag, 176 Seiten und 162 Farbabbildungen ).

Roberts ist nur ein Baustein der Ausstellung " Erinnerung Ägypten ". Als der Engländer damals von seiner Reise aus dem Orient in die Heimat zurückkehrte, war die Zeit der Fotografie angebrochen, auf deren Anfänge die Ausstellung besonderes Augenmerk richtet.

Inszenierung mit

Einheimischen

Wie schon die Maler zog das Land der Pharaonen auch die Foto-Pioniere magisch an : Immer wieder bannen sie historische Schauplätze, die Pyramiden von Gizeh, Minarette, Tempelanlagen, ebenso die Menschen dieser für Europäer so fernen Welt auf Albuminpapier. Die Ausstellung ( vor allem der Kalatog ) gibt einen Einblick in das große Abenteuer der Fotoreisen : Das schwierige Prozedere, die große Ausrüstung, Hitze und Sand als Feinde. Gräber und Höhlen wurden zu Dunkelkammern, in denen einzigartige Zeitdokumente entstanden sind. Nadine Prescher spricht von wichtigen Aufnahmen von Meisterwerken der altägyptischen Architektur, die oftmals unwiederbringlich verloren seien. Fotografien wie die vom großen Felsentempel in Abu Simbel mit Blick zum Nil beispielsweise sind längst nicht mehr möglich. Die Anlagen wurden in den 1960 er Jahren zerlegt und auf einem höher gelegenen Betonhügel wieder aufgebaut.

Eines dieser Abu-Simbel-Bilder stammt von Pascal Sébah und ist um das Jahr 1870 datiert. Sébah gehöre, so sagt Prescher, zum " Who is who " der Foto-Pioniere – ebenso wie Félix Bonfils, Antonio Beato, Hippolyte Arnoux, die Brüder Abdullah, Gabriel Lékágian und die Brüder Zangaki. Von ihnen allen sind frühe fotografische Arbeiten ausgestellt.

Gemein ist ihnen das oftmals inszenierte, das komponierte Bild. Denn wie konnte man Größenverhältnisse besser deutlich machen, als mit Menschen als Staffage ? Winzig nehmen sich die Einheimischen aus vor den gewaltigen Tempeln und Säulenhallen, vor der Kolossalstatue Ramses II ., neben den in den Himmel ragenden Obelisken, vor den weltbekannten Pyramiden.

Zu sehen ist dieses Inszenieren auch auf den Aufnahmen vom Alltagsleben. Da schauen die Wasserverkäufer und die Beduinenfrauen in die Kamera, die Händler von Pferdegeschirr oder Parfüm, ein Geistlicher beim Rauchen einer Goza-Pfeife. Ein unbekannter Fotograf hat einen Straßenbarbier mit Kundschaft aufgenommen. Beim genauen Betrachten kann man schmunzeln : Der Kunde hat seine Kopfbedeckung überhaupt nicht abgenommen.

In vier Abteilungen ist die Ausstellung gegliedert. Eine widmet sich dem Tourismus, mit dem sich Fotografen immer häufiger Geld verdienen wollten. Thomas Cook hatte den Tourismus belebt, Wohlhabende und Gebildete konnten sich seine ersten Nilkreuzfahrten leisten. Und so erklimmen die Touristen die Cheops-Pyramide ( siehe Foto ) oder unternehmen Reitausflüge auf Kamelen.

Altägyptische Kleinkunst, oft Mitbringsel von Reisen, aus der Sammlung von Sven-Olaf Hoffmann ergänzt den fotografischen und lithografischen Blick auf dieses Ägypten des 19. Jahrhunderts.

Geöffnet dienstags bis sonntags

10 bis 18 Uhr