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Eröffnungskonzert in der Magdeburger Pauluskirche Harmonien von Purcell bis Piazolla beim Grenzgängerfestival

16.08.2010, 05:49

Von Liane Bornholdt

Magdeburg. Diese Eröffnung war besonders feierlich. Die freudigen Erwartungen auf das mit Wechselfällen und allen organisatorischen Verzögerungen aus Absage im März, neuen Hoffnungen im April und Neuanfang im Mai vorbereitete Festival waren groß. Und sie sind in dem gemeinsamen Konzert der Berliner Bandoneonspielerin Bettina Hartl, des argentinischen Tangosängers Alejandro Briglia und des Magdeburger Rossini-Quartetts in der Quintettbesetzung mit Marco Reiß und Ingo Fritz, Violinen, Fridtjof Keil-von Fabeck, Viola, Marcel Körner, Violoncello, und Wolfram Wessel Kontrabass sowie Undine Dreißig, Mezzosopran, und Christian Poewe als Rezitator reichlich erfüllt worden.

In dieser gemischten Besetzung, Streicher mit Bandoneon und Sängern, erklangen Ausschnitte aus Astor Piazollas Tango-Oper "Maria de Buenos Aires". Dabei zeigte sich, wie ausdrucksstark und reizvoll die Zungenstimmen des Bandoneons mit dem wunderbar kultivierten und klangvariablen Spiel der Streicher harmonierten. Es ergab sich eine zu Herzen gehende Mischung von Leidenschaft und Melancholie.

Astor Piazollas Musik ist ausgesprochen tiefsinnig, voller kunstvoller Harmonik und vielgestaltigen Melodien und rhythmischen Feinheiten. In dieser Musik ist die Herkunft des Tangos aus den Musikkulturen Afrikas und Lateinamerikas, aber auch Osteuropas, Deutschlands und Spaniens nachvollziehbar.

Tango, so kunstvoll musiziert wie hier, ist Weltmusik im besten Sinne. Und natürlich erfüllt sich diese Welt auch im Gesang. Alejandro Briglia hat, ohne je vordergründig zu sein, in gesprochenem Text und schön artikuliertem Gesang die Geschichten der Maria von Buenos Aires erzählt.

Christian Poewe las zwischen den Musikstücken Texte, Gedichte, Aphorismen, die diese Geschichten weiterspannen, die musikalischen Welten mit poetischen Welten verbanden. Das Programm war voller Tiefsinn und überraschenden Verbindungen. Als zum Beispiel die bekannte Chaconne von Henry Purcell mit dem Rossini-Quartett und dem Bandoneon erklang, konnte man die Verbindung dieser unterschiedlichen Instrumente auf ungewohnte, aber reizvolle Weise erleben. Das Bandoneon gab dem Streicherklang eine Ergänzung, die an Orgelspiel erinnerte, und es klang so wunderbar zusammen, dass man es kaum anders mehr hören möchte.

Eine weitere Farbe gab die Mezzosopranistin Undine Dreißig dem Konzert. Sie sang begleitet vom Streichquintett die Gluck-Arie "O del mio dolce ador" und später noch die Arie der Alcina "O mio cor" von Georg Friedrich Händel. In beiden Arien begeisterte sie durch wunderbare Modulationsfähigkeit und emotionale Ausstrahlung sowie fantastischen stimmlichen Glanz. Gesangstechnisch ausgezeichnet, stilistisch genau und voller Gefühl sang sie so schön, wie man es kaum zuvor von ihr gehört hat.

Insgesamt hat das tiefsinnige, spannende und vielfarbige Programm die Zuhörer begeistert, und gezeigt, dass ein Zusammenspiel von Musikern und Künstlern aus verschiedenen Genres viel, viel mehr sein kann, als "Unterhaltungscrossover" zwischen E- und U-Musik wie es bei Kommerzmusikern neuerdings Mode ist. Eine außerordentlich gelungene Eröffnung, die dem Grenzgängerfestival 2010 einen viel versprechenden Auftakt gab.