"Missa in angustiis" von Haydn war festlicher Abschluss der Sinfoniekonzertsaison der Magdeburgischen Philharmonie Interessanter Spagat zwischen Klassik und Impressionismus
Magdeburg l Im letzten Sinfoniekonzert dieser Spielzeit vollzog die Magdeburgische Philharmonie einen spannenden Spagat zwischen Klassik und Impressionismus. Mit drei "Nocturnes" von Claude Debussy erklang ein romantisch-modernes vokalsinfonisches Triptychon. Joseph Haydns "Missa in angustiis" führte das Konzertpublikum in die Welt der Kirchenmusik der Wiener Klassik, obwohl nur einhundert Jahre zwischen den beiden Chorwerken liegen - in musikalischer Hinsicht aber Welten.
Die Leitung dieser gestalterisch spannenden Aufgabe übernahm der 1. Kapellmeister Michael Balke. Seine Vorliebe für die italienische Oper kam ihm vielleicht bei diesem Programm zu Hilfe, stellte er sich in seiner ersten Spielzeit am Theater Magdeburg nun erstmalig auch im Sinfoniekonzert mit einer sehr beachtenswerten musikalischen Gesamtleitung vor.
So fühlten sich Balke und die Philharmoniker in die malerische Melancholie und die verschwimmenden Klangfarben der drei "Nocturnes" von Claude Debussy beeindruckend hinein. Debussy ließ sich zu seiner mehrteiligen Orchesterkomposition von einer Gemäldeserie des auch in französischen Künstlerkreisen verkehrenden amerikanischen Impressionisten James McNeill Whistler inspirieren. Ursprünglich als Violinfassung für den belgischen Geiger Eugéne Ysaye geplant, gab Debussy dieses Konzept jedoch in den Entstehungsjahren 1897 bis 1899 zugunsten dieser seiner ersten mehrteiligen Orchesterkomposition auf. Im bemerkenswerten letzten Teil "Sirènes" integrierte er erstmalig 16 Frauenstimmen mit Vokalisen oder summend zur Umsetzung seiner Klangvorstellungen. Zudem textete Debussy selbst kurze Erläuterungen zu den drei Sätzen "Nuages" (Wolken), "Fêtes" (Feste) und eben "Sirènes" (Sirenen), die im Magdeburger Opernhaus zur bildlichen Einstimmung eingespielt wurden.
Und so gestaltete das Orchester emotionale Bewegungen - die Klarinetten-Fagott-Englischhorn-Motive, Oboen-Bratschensolo, Solovioline und butterweiche Streicherbegleitungen trugen stimmungsvoll dazu bei. Lebendiger charakterisiert wurde im zweiten Nocturne. Drei Trompeten gingen aus dem Konzertsaal, um von Ferne fanfarenartig den Festzug anzukündigen. Die Frauenstimmen allerdings in "Sirènes" wären schlanker im Ton treffender gewesen.
Messkomposition in Moll-Tonart
Die folgende "Missa in angustiis" ("Messe in der Bedrängnis") von Haydn war der Konzerthöhepunkt und ein festlicher Abschluss der Sinfoniekonzertsaison.
Haydn schrieb sie 1798 während der napoleonischen Kriege für seinen langjährigen Auftraggeber und Patron Fürst Esterhazy. Aufgrund der schwierigen Zeit (der sog. "Franzosenzeit") hat sich Haydn hier als einzige seiner Messkompositionen für eine Moll-Tonart entschieden. Den Beinamen "Nelson-Messe" erhielt sie, weil sie einst zu Ehren des anti-napoleonischen Kriegshelden Horatio Nelson aufgeführt wurde. Die Besetzung mit zusätzlich drei Trompeten hatte nur den Grund, da der Fürst seinerzeit die Holzbläser entlassen hatte. Die ursprüngliche Besetzung mit Streichern, Trompeten, Orgel und Pauken ergänzte Haydn später mit Holzbläser- und Hörnerstimmen.
Und so präsentierten die Magdeburgische Philharmonie, der gesamte Opernchor und vier Gesangssolisten diese sechsteilige Messe bewundernswert stilvoll mit sehr suggestivem Dirigat von Michael Balke. Die Musiker fanden dadurch immer das richtige Timbre, so die drei Trompeten im Unisono oder auch dezenten Begleiten, die Hörner homogen, die Streicher beweglich und leicht, die Holzbläser figurin und in continuo-Funktion, die Pauken konkret, aber nicht übermächtig. Im Chor glänzten die Tenöre, oft harmonieführend, die Bässe und Altstimmen sehr gut fundiert, die Sopranistinnen allerdings oft zu exaltiert. Doch die dynamischen Wandlungen zwischen kanonischer oder fugenartiger Stilistik gelangen gut.
Das Quartett der Solisten schien kongenial, wobei die Sopranistin Teresa Sedlmair brillierte. Sie changierte mit ihrem glasklaren Sopran perfekt zwischen Belcanto-Tradition und Klassik. Altistin Susanne Drexl, Bass Mario Solimene und Tenor Ilja Werger waren sowohl bei solistischen Parts als auch im Quartett seelenvolle Pendants.
Mit viel Einfühlungsvermögen und stilistischem Können gelang ein krönendes, wenn auch mit den zwei Werken recht kurzes Abschlusskonzert.