Das Erste und sein neuer Talkmaster Jauch das noch: ARD kauft den beliebtesten Moderator
Günther Jauch ist ein begnadeter Entertainer, ein intelligenter Journalist und ein sympathischer Zeitgenosse. Vor allem aber ist Günther Jauch eines – teuer. Der ARD ist das egal, sie hat ihn sich gekauft. Wenn man jetzt fragt, warum, ist die Antwort eher simpel: Weil sie es kann. Denn die ARD ist öffentlich-rechtlich, sie ist gebührenfinanziert. Und sie hat ein starkes Geltungsbedürfnis.
Magdeburg. Um Missverständnissen von vornherein vorzubeugen: Günther Jauch nicht zu mögen, ist nahezu unmöglich. Auch dem Autor dieses Beitrages war es bislang nicht vergönnt, sich dem Jauchschen Charme zu entziehen.
Wenn der "Wer wird Millionär"-Moderator mit seiner geradezu gutnachbarschaftlich anmutenden Eloquenz Möchtegern-Parvenüs auf dem Quizstuhl ihre eigenen Grenzen zeigt oder einfach gestrickten, aber sympathischen Zeitgenossen, die sich nur das Geld für eine neue Dunstabzugshaube zusammenraten wollen, den Weg zur 500-Euro-Frage ebnet, hat das fast immer einen hohen Unterhaltungswert.
Jauch versteht es wie kein anderer, sich im Interesse guten Entertainments selbst zurückzunehmen, ohne jemals auch nur ein Fünkchen Souveränität einzubüßen. All das funktioniert, weil er einen wachen Verstand, eine schnelle Auffassungsgabe, eine überdurchschnittliche Neugier, ein ausgeprägtes journalistisches Interesse und ein – bei diesen Fähigkeiten absolut nachvollziebares – Bedürfnis zur Selbstdarstellung hat.
Ein Mann, der fürs Fernsehen förmlich geboren wurde. Sein Erfolg, seine Beliebtheit und die damit verbundene Quotengarantie machen ihn für Fernsehverantwortliche naturgemäß zum Objekt der Begierde. Zum künftigen Moderator einer Talkshow im Ersten, zum Nachfolger von Anne Will.
Der Deal der ARD ist kein schöner Beweis dafür, dass man für etwas, das man wirklich und unbedingt will, auch gern ein paar Euro mehr bezahlt. Der "Bild"-Zeitung zufolge nimmt die ARD für ihren neuen Polit-Talker Günther Jauch beträchtliche Mehrkosten in Kauf: 10,5 Millionen Euro sollen Jauch und seine Produktionsfirma für eine Staffel mit 39 Sendungen bekommen – 41 Prozent mehr als Will gekostet habe. Das ergäbe knapp 4500 Euro pro Sendeminute, rechnet das Blatt vor.
Nun könnte man natürlich argumentieren, dass Leute, die solche Summen ins Spiel der öffentlichen Meinungsbildung werfen, schwer in Sachen Populismus unterwegs seien und vom finsteren Dämon des Sozialneids beherrscht würden. Doch weit gefehlt – unbestritten hat Qualität ihren – wenn auch diskussionswürdigen – Preis, und niemand kann es einem Günther Jauch vorwerfen, seinem Marktwert entsprechend seine Grenzen auszuloten. Die genannten Zahlen würden auch niemandem mehr als ein respektvolles Staunen oder verständnisloses Kopfschütteln entlocken, wenn RTL oder irgendein anderer privater Sender so tief in die Taschen greifen würden. Aber die tun es ja in diesem Fall nicht.
Hauptsache man kann ein bisschen mitglänzen
Die ARD greift in die Taschen – und zwar in die der Gebührenzahler. Genau hier liegt das Problem. Welche Honorare – und seien sie auch noch so überzogen – ein privater Fernsehsender und somit ein privatwirtschaftliches Unternehmen an irgendjemanden zahlt, ist eine rein buchhalterische Angelegenheit dieses Unternehmens und geht den Fernsehzuschauer streng genommen nichts an. Der zahlt in solchen Fällen lediglich mit der Belästigung und Langeweile durch Werbeunterbrechungen.
Nicht so bei ARD und ZDF. Hier zahlen weder der Weiße Riese noch Meister Proper die Rechnung, sondern wir, die Zuschauer, die nicht den geringsten Einfluss darauf haben, wofür ihr Geld sinnvoll eingesetzt oder zum Fernseher hinausgeworfen wird. Wir können nichts anderes tun, als auf die nächste Gebührenerhöhung zu warten, uns darüber aufzuregen und letzten Endes wieder einmal resigniert in unsere Fernsehsessel zu sinken, weil es ohne die Mattscheibe ja irgendwie doch nicht geht.
Um erneut Missverständnissen vorzubeugen: Natürlich ist daran nicht Günther Jauch schuld und natürlich ist mit Günther Jauch eine Verbesserung des Polit-Talk-Niveaus vielleicht nicht garantiert, doch zumindest zu erwarten. Aber wäre es uns Zuschauern nicht völlig gleichgültig, ob Jauch privat oder öffentlich-rechtlich talkt?
Eine rein rhetorische Frage, denn natürlich steht das Privileg, die mutmaßlich beste und hochwertigste politische Gesprächsrunde zu senden, nur einer Anstalt zu – der ARD. Da spielt es auch überhaupt keine Rolle, dass man sich den Goldjungen mit RTL teilen muss, Hauptsache man kann ein bisschen mitglänzen, koste es, was es wolle.
Jauchs Einkauf ist wieder einmal Ausdruck des Egos einer Institution, die daran gewöhnt ist, aus dem Vollen zu schöpfen. Und wenn das Volle nicht mehr reicht, um Hunderte Leute zur Fußball-WM oder zur nächsten Olympiade zu schicken, um sich beliebte Gesichter einzukaufen oder selbstverliebt die eigene Reputation aufzupolieren, dann wird das Volle eben noch ein bisschen voller gemacht. Ist ja nicht ihr Geld, sondern unseres. Aber Geld soll ja nicht stinken, oder vielleicht doch?