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Ausstellung Junge Wilde von Florenz in Frankfurt

Das Frankfurter Städel-Museum will die Kunst des Manierismus in ein neues Licht rücken.

Von Sandra Trauner 23.02.2016, 23:01

Frankfurt/Main (dpa) Florenz Mitte des 16. Jahrhunderts: Die Medici beherrschen alles, fliehen und kehren zurück. Die Republik wird ausgerufen und wieder kassiert. Rom wird geplündert, Florenz belagert, die Pest wütet. 36 000 Menschen sterben in dieser Zeit, ein Drittel der Bevölkerung. Wer die Kunst dieser Zeit nur flüchtig betrachtet, wundert sich: Heiligenbilder und Herrscherporträts.

Das Frankfurter Städel-Museum versucht sich an der Rehabilitation einer Kunstepoche, die lange nicht gut gelitten war: dem Manierismus. Einerseits meint der Begriff – zeitlich gesehen – die Übergangsphase zwischen Renaissance und Barock. Andererseits – als Stil verstanden – wird er bis heute verwendet für etwas übertrieben Gekünsteltes. „Maniera. Pontormo, Bronzino und das Florenz der Medici“ heißt die Ausstellung, die bis 5. Juni zu sehen ist.

120 der 130 Werke sind Leihgaben, einige hätten Florenz zuvor noch nie verlassen, sagt Kurator Bastian Eclercy. Auf den modernen Betrachter wirken die Bilder eher zahm – zur Entstehungszeit, 1512 bis 1568, waren die Maler um Pontormo und Bronzino „die jungen Wilden von Florenz“. Durch das Gewand der Mutter Gottes blitzt eine Brustwarze, das Jesuskind ist fast eine Karikatur, der heilige Hieronymus, sonst alt und bärtig, ist jung, kahl, athletisch und windet sich grotesk verdreht aus dem Bild.

Bis heute stehen die Künstler der Maniera im Schatten der Heroen der Hochrenaissance, – Michelangelo, Raffael und Leonardo. Für Eclercy ist der Manierismus die Geburtsstunde des Individualismus in der Kunstgeschichte. So ist es auch kein Zufall, dass aus dieser Zeit eines der ältesten Künstler-Tagebücher stammt. In Frankfurt wurde ein ganzer Raum mit Auszügen aus Pontormos Aufzeichnungen tapeziert. „Den 18. nicht gearbeitet. Den 19. Arbeit an den zwei Köpfen der Toten unterhalb des Arsches der Frauengestalt. Den 20. wurde die Wäsche gekocht. Den 21. Mittagsmahl mit Bronzino. –