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ARD-"Tatort" Live dabei und doch im Nebel

Nach Schlagerwelt und Obdachlosenszene geraten die Dresdner "Tatort"-Kommissarinnen in ihrem dritten Fall in eine ganz andere Welt.

Von Simona Block 10.06.2017, 23:01

Dresden (dpa) l „Simson ist jetzt live!“ blinkt es vielfach in der virtuellen Dresdner Altstadt auf dem Laptop. In der Realität steigt eine weiße Drohne von der Brühlschen Terrasse auf, fliegt auf einen Elbdampfer zu. Die Netzgemeinde feiert, als die Kamera einen Rocker einfängt – auf dem Schiffsklo – und bangt um den 17-Jährigen, als die „Saxonier“ ihn jagen. Dann fallen Schüsse, der Internet-Star bricht tot zusammen. Auch Oberkommissarin Karin Gorniak (Karin Hanczewski) sieht in „Level X“ dem Mord am Bildschirm zu. Für sie und ihre Kollegen im dritten Dresden-„Tatort“, der an diesem Sonntag (20.15 Uhr) im Ersten ausgestrahlt wird, ist das eine fremde Welt.

Mit einer Million Followern ist Simson (Merlin Rose) ein Star der „Prankster“-Szene. Er spielt anderen Menschen Streiche, und seine Fans können via Smartphone, Tablet oder Laptop live zusehen. Ein Euro pro 1000 Klicks, Manager Magnus Cord verdient kräftig mit. „Er hat Scheiße zu Geld gemacht“, frotzelt Kommissariatsleiter Peter Michael Schnabel (Martin Brambach). Das Lachen aber vergeht ihm erstmal: Simsons Tod ist zwar auf dessen Channel online, den Täter aber hat niemand gesehen.

Oberkommissarin Gorniak und ihre Kollegin Henni Sieland (Alwara Höfels) arbeiten sich in die Szene ein, stoßen auf den gewissenlosen „Prankster“ Scoopy (Wilson Gonzales Ochsenknecht), die hübsche Emilia (Caroline Hartig) und einen Notarzt, dessen illegalen Handel mit rezeptpflichtigen Medikamenten Simson filmte. Hat er ihn erpresst, wollte er aus der „Prank“-Szene aussteigen, ist er gar selbst ein Straftäter? Der Kreis der Verdächtigen wächst – Gorniak, Sieland und ihr Chef aber blicken lange nicht durch. Social Mourning, Delivern, Klickrates – ihnen fliegen Anglizismen um die Ohren, die Digital Generation narrt sie, die digitale Welt überfordert sie zuweilen. Als das virtuelle Kondolenzbuch in kurzer Zeit zwei Millionen Einträge umfasst, findet Schnabel: „Das ist doch krank!“

Dabei ist der Kommissariatschef gar nicht so computerscheu wie er tut: seine Kollegen „erwischen“ ihn beim Online-Dating im Büro. Er entschuldigt sich mit Eheproblemen, dafür entspannt sich das Verhältnis der Mädels im Kommissariat: Henni und Karin teilen diesmal mehr als eine Lasagne. Bis zum großen Finale in der von Gregor Schnitzler zwischen Barock und Plattenbauten inszenierten Story bleibt es spannend.