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Kolonialerbe Leitfaden für deutsche Museen

Objekte aus kolonialen Zusammenhängen erfordern viel Forschung und Aufwand. Ein neuer Leitfaden soll Impulse für die Aufarbeitung liefern.

24.02.2021, 09:48

Berlin (dpa) l Unter den Vorzeichen einer "neuen Ethik für globalen Kulturaustausch" soll das koloniale Erbe in deutschen Museen aufgearbeitet werden. "Der Prozess wird nur funktionieren, wenn er glaubwürdig ist", sagte der Präsident des Deutschen Museumsbundes, Eckart Köhne, am Dienstag in Berlin während der Präsentation eines überarbeiteten Leitfadens zum "Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten".

Aus Sicht Köhnes müssen die Erwerbshintergründe nach neuen Maßstäben beurteilt werden. Dabei gehe es um ethische, nicht um juristische Fragen. "Das ist keine kurzfristige Lösung, sondern ein Prozess."

Die Arbeit müsse als dauerhafte Aufgabe verankert, die Provenienzforschung in den Museen gestärkt werden. "Provenienzforschung muss zu den Kernaufgaben gehören", sagte Köhne. Für notwendige Transparenz und Vertrauen seien Ressourcen notwendig. Dazu verwies er auf die finanzierenden Träger der Museen.

Der unter Federführung von Wiebke Ahrndt, Direktorin des Übersee-Museums in Bremen, überarbeitete Leitfaden soll Informationen und Praxishinweise für die Museen liefern. "Das ist kein Werk mit Richtlinienkompetenz, sondern ein Impulsgeber."

Die Zahl der Objekte aus kolonialen Zusammenhängen in den Museen konnte Ahrndt nicht beziffern. Es gebe kaum ein Museum ohne solche Objekte, deswegen richte sich der Leitfaden explizit an alle Museen, nicht nur an etymologische. In einem Haus wie dem Übersee-Museum gehe es um drei Viertel der Bestände.

Dabei machte Ahrndt klar, dass die in Deutschland intensiv diskutierte Frage von Restitutionen in vielen Herkunftsgesellschaften oft keine Rolle spiele. "Rückgaben stehen für viele nicht auf der Tagesordnung", sagte die Museumschefin, verwies aber auch auf unterschiedliche Interessenlagen und Forderungen. Es gehe meist um Kontakt, Wissensaustausch, Einblicke und Zusammenarbeit.

Zudem gebe es den klaren Wunsch aus vielen Ländern nach zugänglichen Datenbanken. Hier sieht Ahrndt noch viel Arbeit. Die meisten Museen hätten ihre Bestände zwar erfasst, aber noch nicht online gestellt.

Zur Debatte um Restitutionen verwies Günter Winands, Amtschef von Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU), auf neue Regelungen. "Rückgaben scheitern nicht am Haushaltsrecht", sagte Winands. Bisher mussten Museen in solchen Fällen den Wert von Kolonialobjekten innerhalb ihrer Etats berücksichtigen.

Mit dem Leitfaden sollen Museen ermutigt werden, sich mit ihrem kolonialen Erbe auseinanderzusetzen. Träger und Kulturpolitiker sollen die Häuser finanziell und personell in die Lage versetzen, die Aufarbeitung des kolonialen Erbes als dauerhafte Aufgabe zu verankern.

"Museumsverantwortlichen sollte bewusst sein, dass die meisten Sammlungsgüter nicht als "Museumsobjekte" entstanden sind oder hergestellt wurden", heißt es im Leitfaden. Sie seien Zeugnisse verschiedener Kulturen mit in den Herkunftsgesellschaften verankerten eigenen Bedeutungen. Zudem könnten sich in Kolonialobjekten "diskriminierende Darstellungen und koloniale oder rassistische Ideologien widerspiegeln".