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Premiere am Schauspielhaus Magdeburg: "Ein seltsames Paar" Felix und Oscar – köstlich witzig, aber zuweilen gehen Zwischentöne verloren

Von Liane Bornholdt 06.12.2010, 04:18

Der Film mit Walter Matthau und Jack Lemmon aus dem Jahr 1968 ist Kult (original:"The Odd Couple"). Das Drehbuch hatte Autor Neil Simon selbst geschrieben. Sein Bühnenstück hatte 1965 am Broadway Premiere, und dieses ist seitdem ein Dauerbrenner auf den Bühnen, in Film und Fernsehen. Am Freitag hatte "Ein seltsames Paar" in einer Inszenierung von Christoph Roos am Magdeburger Schauspielhaus Premiere.

Magdeburg. Felix und Oscar sind zunächst überhaupt kein seltsames Paar, sondern ganz normale Männerfreunde. Gemeinsam mit Speed, Murray und Vinnie treffen sie sich jeden Freitagabend zum Pokern und zwar in Oscars ebenso geräumiger wie zugemüllt verkommener Achtzimmerwohnung im 12. Stock. Bühnenbildnerin Christiane Hercher hat einen sehr amerikanischen Salon auf die Magdeburger Bühne gebaut, begrenzt von einem im Roy-Lichtenstein-Pop-Art-Stil gemalten Prospekt auf Schiebewänden, durch welche die Weitläufigkeit dieses Domizils sinnfällig wird.

Bevor jedoch an diesem Freitagabend die Pokerrunde komplett ist, sieht man Felix verwirrt und verunsichert auf der Vorbühne vor einem weißen Vorhang bei dem Versuch, sich seinen seit 12 Jahren eingewachsenen Ehering vom Finger zu ziehen. Seine Frau Frances hat ihn rausgeworfen, und Felix‘ Antwort ist eine unruhige Nacht im Hotel sowie eine SMS, mit der er ihr seinen nahen Selbstmord ankündigt.

In Magdeburg spielt Andreas Guglielmetti den Felix, und der bringt das Publikum, das natürlich weiß, was kommen wird, mit seiner wahrlich traurigen Unbeholfenheit bereits zum Lachen, als es noch gar nichts zum Lachen gibt.

Eine wahrlich traurige Unbeholfenheit

Die Pokerfreunde indes haben die Neuigkeit bereits erfahren, und machen sich je nach Temperament Sorgen um ihren Freund. Polizist Murray (Silvio Hildebrandt) weiß, dass man ihn nicht allein lassen darf. Vinnie (Frank Benz), der längst von seiner Frau erwartet wird und der ewig Zigarre rauchende Speed (Raphael Nicholas) wollen umgehend aufbrechen, um ihn zu suchen. Aber der beste Freund Oscar ist sich sicher, dass Selbstmitleid und die Sehnsucht nach Publikum seinen besten Freund alsbald in sein Apartment führen wird, und sie alle sollten sich nur nichts anmerken lassen. Und natürlich kommt Felix. Seine Verspätung mühsam entschuldigend, versucht er der besorgten Aufmerksamkeit seiner Freunde auszuweichen, was nicht gelingen kann.

Hier nutzt Regisseur Christoph Roos die Gelegenheit zu einem ersten turbulenten Höhepunkt. Der ansonsten so sehr nachlässige Gastgeber Oscar, den Ralph Martin zuerst mit fast kindlicher Unbekümmertheit spielt, schwingt sich zum mitfühlenden Freund auf, der alle Schutzaktionen genau koordiniert und ein wunderschönes Chaos zustande bringt, das, weil man den Selbstmörder in spe ja auf keinem seiner Schritte allein lassen könne, in wilden Jagden durch die Schiebetüren gipfelt. Schließlich ergibt sich Felix, bricht in Tränen aus, beklagt sein schreckliches Schicksal. Oscar, selbst unlängst geschieden und einsam in der großen verwahrlosten Wohnung, überredet Felix, bei ihm einzuziehen.

Nun beginnen beide das seltsame Paar zu sein. Eigentlich ergänzen sich die so unterschiedlichen Charaktere ideal, denn Felix‘ Obsession ist die perfekte Haushaltsführung, begleitet von allen nur denkbaren Neurosen und ausgewachsener Hypochondrie, und er findet bei Oscar ausgiebige Betätigungsfelder. Aber seine Putz-, Koch- und Sparpläne erzeugen bei diesem wachsendes schlechtes Gewissen und ebenso wachsende Langeweile.

Andreas Guglielmetti und Ralph Martin haben köstliche Szenen, etwa, wenn Oscar Felix’ Verspannungen, die bis in die Haarspitzen reichen, zu lösen versucht, oder Felix - mit Hilfe einer Reihe von Doubeln – in kürzester Zeit auch das letzte Staubkorn aus der Wohnung wedelt. Andererseits aber verliert sich in dem Spiel auch das Tempo und, was schwerer wiegt, das Paar bleibt eben nicht nur seltsam. Dem Alltag in der Männer-WG gehen ein wenig die Zwischentöne verloren, etwas zu unmutig wird Oscar, auch etwas zu vertrottelt Felix.

Belebtes Spiel nach der Pause

Nach der Pause aber, als die beiden Schwestern Cecily und Gwendolin (Christiane-Britta Boehlke und Julia Schubert) den Alltag beleben sollen, belebt sich auch das Spiel wieder. Die Damen sind wunderbar kichernd albern zuerst – es sind Freundinnen von Oscar –, aber anfällig gegenüber Felix‘ eindrucksvollen Talenten und weinerlichen Klagen nach Frau und Kindern bewundern und bemitleiden sie ihn ausgesprochen virtuos.

Mit dem weiblichen Element kann sich nicht nur das seltsame Paar glücklich scheiden, es führt auch das Spiel zum witzig-fröhlichen Ende. Die von Felix’ aseptischer Sauberkeit vertriebenen Pokerfreunde finden sich wieder zusammen und die nächste Runde kann beginnen.