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Hörbuch "Die Magdeburgische Hochzeit" "im Dom vorgestellt

Mehr als 40 Mitwirkende, darunter prominente Schauspieler und
Persönlichkeiten der Stadt hatten sich an der Produktion des Hörbuchs
"Die Magdeburgische Hochzeit" beteiligt: Am Sonnabend, dem Vorabend der
Zerstörung der Stadt im Jahr 1631, wurde die Produktion im nahezu
ausverkauften Dom präsentiert.

Von Kathrin Singer 11.05.2015, 01:27

Magdeburg l Das "Magdeburger Trutzlied", komponiert und gespielt von Jascha Heidicke hoch droben an der Domorgel, leitet die knapp zweistündige Präsentation ein. Der symbolreiche, 1938 erschienene, von der NS-Literaturgeschichte verschwiegene Roman von Gertrud von le Fort vergegenwärtigt die Zerstörung Magdeburgs durch die kaiserlichen Truppen Tillys, die aus zeitgenössischer Sicht sarkastisch als "Hochzeit" bezeichnet wurde. Le Fort erzählt in diesem Spannungsfeld die Geschichte des Brautpaars Erdmuth Plögen und Willigis Ahlemann.

Zentrale tragische Figur ist jedoch der Dompfarrer Bake, der dem folgenreichen Irrtum unterliegt, die Glaubensspaltung der Christenheit mit weltlichen Mitteln erreichen zu können. Nur Geduld und bedingungslose Liebe indes führten zur Überwindung der Spaltung, so die zutiefst christlich geprägte Botschaft der Autorin, die knapp 80 Jahre nach Erscheinen des Romans eine beklemmende Aktualität aufweist.

Auch aus diesem Grund gelang Regisseur Michael Bard eine wichtige Wiederentdeckung. Emotionale Dichte gewinnt das Hörbuch zudem durch die Besetzung der Rollen: Domprediger Giselher Quast sprach die Rolle seines Amtskollegen ein, Willi Polte als Amtsherr, Lutz Trümper und Rüdiger Koch vertraten über Videoeinspielungen als Bürgermeister Brauns und Kühlewein die Magdeburger Politik während des Dreißigjährigen Krieges.

Auch wenn die Überakustik im Dom für diese Art Präsentation Tontechniker an den Rand der Verzweiflung treiben kann und das Zuhören vor allem bei den Bandeinspielungen sehr erschwert - allein die Atmosphäre machen die technische Defizite mehr als wett.

Plötzlich wird der Zuhörer zu einem der 4000 Geflüchteten, Gefechtslärm dröhnt durch das Kirchenschiff, vor dem geistigen Auge färben sich die Domfenster rot vom Feuer - Kopfkino pur. Dazu tragen auch die durchweg exzellenten Darsteller bei: Christian Friedel als grundehrlicher verzweifelter Willigis Ahlemann, Corinna Breite als Erdmuth Plögen, Matthias Engel als kalter, diabolischer Obrist Falkenberg und die vielen weiteren Beteiligten. Am Ende - als Worte nicht mehr reichen - Gesang: Susanne Bard mit Kerze inmitten der Zuschauer. Die Ehefrau des Dompfarrers Bake hat ihr fünftes Kind geboren, ein Symbol der Hoffnung.