#StopFN7mai Kulturschaffende gegen Marine Le Pen
Kurz vor den Stichwahlen machen Frankreichs Kulturschaffende mobil. Auch die Kulturministerin des Landes ruft nun dazu auf, gegen die Rechtspopulistin Marine Le Pen Front zu machen.
Paris (dpa) - "#StopFN7mai" steht in weißen Buchstaben vor blauem Hintergrund geschrieben, daneben das Bild eines Mikrofons, das von einer Männerhand zum Stillstand gebracht wird.
Mit dem Logo machen die Kulturschaffenden Frankreichs nach einem mehrwöchigen Wahlkampf mobil, in dem die Rechtspopulistin Marine Le Pen bis in die Stichwahl um das höchste Staatsamt in Frankreich gekommen ist. Musiker, Künstler und Kulturmanager stehen gegen sie auf. Ihr Ziel: Marine Le Pen den Weg in den Elysée-Palast versperren. Denn in den Umfragewerten hat die 48-Jährige in den vergangenen Tagen mehr zugelegt als ihr Gegner Emmanuel Macron, auch wenn sie noch hinter dem Sozialliberalen liegt.
Lange haben sich die Kulturschaffenden in Frankreich zurückgehalten - mit Ausnahme vereinzelter Stimmen und einem Aufruf in der französischen Tageszeitung "Libération" vor wenigen Tagen. Darin warnten rund 100 Künstler, darunter Annette Messager und der amerikanische Jazz-Musiker Archie Shepp vor der rechtsextremen Front National. Nun folgten gleich zwei Protest-Meetings in Paris und Avignon.
Unter jenen, die in der südfranzösischen Papststadt Avignon am Mittwoch zu einer Pressekonferenz gegen die Front National aufgerufen haben, waren neben der Schauspielerin und Regisseurin Irina Brook auch Ex-Kulturminister Jean-Jacques Aillagon und Olivier Py, der Leiter des Theaterfestivals in Avignon. Der 51-Jährige Regisseur und Theaterintendant kämpft seit einigen Jahren schon gegen die Front National. Im Jahr 2014 drohte Py, das weltberühmte Festival aus der Stadt abzuziehen, wenn die Partei dort im März bei den Bürgermeisterwahlen gewinnen sollte. Sie hatte mit 35 Prozent im ersten Wahlgang für Aufsehen gesorgt.
Das am Dienstagabend in Paris organisierte Meeting "#StopFN7mai" in der Cité de la Musique war das erste in diesem von Skandalen geprägten Wahlkampf. Der Konzertsaal war voll. Mehr als 800 Kulturschaffende folgten dem Aufruf von rund 60 Vereinigungen aus der Kunst- und Musikwelt. Auch Frankreichs Kulturministerin Audrey Azoulay hat sich dem Protest angeschlossen.
Drei Stunden lang lösten Musiker und Kulturmanager einander auf der Bühne ab. Die einen sangen Lieder für die Flüchtlinge in Calais, die anderen berichteten von ihren Erfahrungen mit der Front National - darunter auch Olivier Isselin. Der Fotograf beschrieb sein Leben und Arbeiten in der südfranzösischen Stadt Fréjus, die von dem rechtsextremen FN-Bürgermeister David Rachline geführt wird. Künstler müssten als Gegenleistung für die günstigen Mieten ihrer Ateliers umsonst bei Karnevalsumzügen mitwirken, bei Tagen der offenen Tür, bei Halloween und anderen Aktivitäten, erzählte er. Im Sommer 2015 sorgte Rachline für Schlagzeilen, weil er die in Fréjus wohnenden Künstler zwingen wollte, Aktionen mit Vorschulkindern zu übernehmen.
Bereits 2002 hatten Frankreichs Kulturschaffende gegen den zunehmenden Rechtspopulismus im Land mobilisiert. Damals kam überraschend der Gründer der Front National, Jean-Marie Le Pen, mit mehr als 16 Prozent gegen den rechtsbürgerlichen Jacques Chirac in die Stichwahl um das Präsidentenamt. Damals gingen landesweit Hundertausende von Franzosen auf die Straße, um gegen den Vater von Marine Le Pen zu protestieren. Das Ergebnis: Amtsinhaber Chirac wurde mit 82 Prozent wiedergewählt.
Heute habe sich die Stimmung im Land und unter den Kulturschaffenden geändert. Der Protest und die Angst seien zurückgegangen, meint ein Teilnehmer der Pariser Kundgebung. Er könne sich noch an das große Meeting der Kunst- und Kulturwelt im April 2002 in der riesigen Pariser Konzert- und Veranstaltungshalle Zénith erinnern, sagt der 54-jährige Fotograf. Über 6000 Menschen seien damals gekommen, um gegen Jean-Marie Le Pen aufzustehen.
Die Anti-Le Pen-Front hat sich auch der Komiker und Regisseur Dany Boon ("Willkommen bei den Sch'tis") angeschlossen. Auf seiner Facebook-Seite schreibt er: "Lasst uns der ganzen Welt und uns selbst beweisen, dass wir noch immer das Land der Freiheit, Gleichheit und vor allem der Brüderlichkeit sind. Lasst uns Emmanuel Macron wählen!"