Land will den Theatern und Orchestern ab 2014 sieben Millionen Euro kürzen Landesbühne Eisleben vor dem Aus
Die Theater und Orchester sollen ab 2014 weniger Geld bekommen. Auf 29 Millionen Euro reduziert das Land seine Förderung - sieben Millionen weniger als noch in diesem Jahr. Besonders hart trifft es Eisleben. Aus der Finanzierung der Landesbühne zieht sich das Land komplett zurück.
Magdeburg l Die Theater in Halle und Dessau sollen mit deutlich weniger Geld auskommen. Um 2,849 Millionen Euro wird das Land der Theater, Oper und Orchester GmbH Halle seine Förderung eindampfen. Das Anhaltische Theater Dessau bekommt mit 5,209 Millionen Euro gar 2,921 Millionen weniger. Magdeburg bleibt bei seinen bisherigen 9,054 Millionen Euro. Gleichbleibende Summen erhalten auch das Nordharzer Städtebundtheater, das Theater der Altmark Stendal, das Theater in Naumburg und die beiden Orchester aus Wernigerode und Schönebeck.
Die Landesbühne Eisleben wird von 1,278 Millionen Euro auf Null gesetzt. Ab 2014 gibt es kein Geld mehr vom Land. Kultusminister Stephan Dorgerloh (SPD): "Eisleben ist die bittere Pille, die wir schlucken müssen."
Dorgerloh gab die Zahlen bei einer Pressekonferenz bekannt. Zuvor hatte er die Träger der Theater und Orchester ins Ministerium geladen und über die geplante Verteilung der Landesmittel in den kommenden Jahren informiert. Als es um Eisleben ging, hatte Dirk Schatz, Landrat des Landkreises Mansfeld-Südharz, den Raum empört verlassen.
Dirk Schatz reagierte mit zwei offenen Briefen. Einer ging an den Ministerpräsidenten, einer an den Kultusminister.
Schatz schreibt von Wut und Verärgerung, von Abspeisung und bewusstem Affront gegen seinen Landkreis und die Bürger und natürlich die Belegschaft der Landesbühne Eisleben.
Eisleben ist ein Ein-Sparten-Haus mit 53 Mitarbeitern. Träger ist die Theater- und Kulturwerk gGmbH. Der Landkreis ist mit 78,9 Prozent wichtigster Gesellschafter. Träger sind auch die Lutherstadt Eisleben (19,1 Prozent) und die Stadt Hettstedt ( 2 Prozent). Sie geben 1,407 Millionen Euro.
Ohne Geld vom Land müsste die Landesbühne geschlossen werden.Liquidation? Insolvenzantrag?
Verärgert ist Schatz vor allem, so schreibt er, dass eine "mögliche und mit hohen Anstrengungen in den letzten Monaten verhandelte Fusion mit dem Nordharzer Städtebundtheater" nicht einmal berücksichtigt worden sei.
Die Träger beider Häuser bemühen sich seit vielen Monaten um eine Fusion. Absichtserklärungen wurden unterzeichnet, die Theaterteams kooperieren. Ende April hieß es noch aus dem Kultusministerium: Das Land bewertet den Fusionsprozess positiv. Er sollte zum 1. Januar 2014 stehen.
Jetzt soll sich nach Aussage von Kultusminister Dorgerloh das Nordharzer Städtebundtheater und das Philharmonische Kammerorchester Wernigerode verbünden. Wie, das müssen nun die Träger aushandeln. In der Verteilung der Mittel für das Wernigeröder Ensemble ist das Geld nur noch für 2014 ausgewiesen.
Die Träger nannte Dorgerloh gestern des Öfteren, wenn er von Strukturen und neuen strukturellen Überlegungen sprach. Sie sollen bis zum 30. September Strukturkonzepte vorlegen. Positive kommunalaufsichtliche Stellungnahmen inbegriffen.
Wie sollen sie das so schnell stemmen? Die Zuschüsse werden bereits in einem halben Jahr schwinden. "Das ist so absurd", sagt André Bücker. "Ich bin fassungslos." Bücker ist Intendant des Anhaltischen Theaters Dessau. Sein Haus bezahlt die Mitarbeiter wie viele Theater im Land nach Haustarif, das heißt Verzicht.
Solchen ausgehandelten Tarif könne man kündigen. Radikaler Schnitt. Dann werde aber alles noch teurer. Bücker: "Inhaltlich zeugt das von einer Kenntnislosigkeit der Situation." Das Anhaltische Theater Dessau soll 2,921 Millionen Euro weniger bekommen.
"Unsere Theaterlandschaft werden wir nicht halten können", sagte Dorgerloh. Er schließt Spartenschließungen nicht aus. Die Träger müssen sich Gedanken machen, sagt er. Sie seien in der Verantwortung.
Auch Magdeburg komme um neue Ideen über zukünftige theatrale Strukturen nicht herum. Denn selbst das Beibehalten der Förderung bringt die Landeshauptstadt in Schwierigkeiten.
Das ist an allen anderen Häusern nicht anders. Jedermann weiß, dass Betriebskosten steigen und steigen. Hinzu kommen Tarifanpassungen, die die Häuser in den vergangenen Jahren immer wieder in Defizite stürzten. Die Kommunen mussten die Löcher stopfen. Magdeburg zum Beispiel hat deshalb immer wieder betont, es brauche eine Million Euro mehr.
Marc Stefan Sickel, stellvertretender Generalintendant des Theaters Magdeburg, wurde auch nicht müde, eine Dynamisierung der Förderung anzusprechen. Die hat auch der Kulturkonvent, dessen Mitglieder ein Jahr getagt hatten, in seine Empfehlungen aufgenommen. "Dynamische Verträge wird es nicht geben", sagte Dorgerloh gestern.
Er sprach von langfristig tragfähigen Theater- und Orchesterstrukturen im Land und einer mehrjährigen Sicherheit. Sechs Jahre wären möglich, seien aber noch nicht beschlossene Sache.
Angedacht ist ebenfalls ein Strukturanpassungsfonds, der mit einer Million Euro bestückt werden soll, um Abfindungsforderungen gegenüber den Trägern abzufedern.
Im Dezember soll das Kabinett zur neuen Theater- und Orchesterstruktur und den Verträgen entscheiden. Der Landtag soll zuvor debattieren. "Ich hoffe, dort sitzen noch klar denkende Leute", sagt André Bücker scharf. Meinung