Regisseur Geißendörfer über seine Serie Lindenstraße zum 1500. Mal im ARD-Fernsehen
Köln (dpa) l Seit einer gefühlten Ewigkeit flimmert die "Lindenstraße" über die Bildschirme. Im dpa-Interview erzählt Regisseur Hans W. Geißendörfer, warum es schwierig ist, neue Zuschauer zu gewinnen, und wie es mit der Serie weitergehen kann, wenn er irgendwann aufhört.
Wird Ihnen die "Lindenstraße" nach 1500 Folgen und fast 30 Jahren nicht langsam langweilig?
Hans W. Geißendörfer: Wenn sie mir langweilig würde, würde mir das Leben schlechthin langweilig. Es ist das Leben abgekupfert, zwar mit fiktiven Elementen, aber sehr nah an der Wirklichkeit, an dem, was in Deutschland passiert. Wenn wir jetzt in der "Lindenstraße" über einen Moscheebau diskutieren, hat das natürlich damit zu tun, dass in vielen Städten dieses Thema aktuell ist.
Kann die "Lindenstraße" heute überhaupt noch so provozieren, wie in ihren Anfängen, als sie zum Beispiel als erste TV-Serie zeigte, wie sich zwei schwule Männer küssen?
Das ist schwieriger geworden, da inzwischen alles Mögliche im Fernsehen gezeigt wird, auch Dinge, die früher privat gewesen wären. Provokation in der Lautstärke wie früher ist kaum noch möglich. Aber das Thema Moscheebau zum Beispiel empfinden manche Zuschauergruppen als Provokation. Das, was erreichbar ist, ist eine kontroverse Diskussion zu den Inhalten, die wir anbieten.
Wie finden Sie nach 1500 Folgen noch neue Themen für die Serie?
Das ist wie bei einer Liebesgeschichte. Davon hat man auch schon viele erfahren, erlebt, in der Literatur gelesen und im Fernsehen gesehen, und trotzdem ist es immer wieder spannend. Das Thema ist immer Liebe und Beziehungskrise, aber die Ausführung und die Details sind jedes Mal neu, weil die beteiligten Personen aus einer anderen Perspektive berichten.
Wie kann die "Lindenstraße" noch neue Zuschauer gewinnen?
Die wichtigste Möglichkeit kostet Geld und wird uns leider nicht finanziert, nämlich Werbung. Zur 1000. Folge gab es eine Plakataktion, bezahlt von der ARD, und die Zuschauerzahlen stiegen um vier Millionen. Zur 1500. Folge ist das nicht geplant. Werbung heißt ja auch, dass ein Sender voll hinter einem Format steht. Ich vermisse das schon sehr, dass wir da keine Unterstützung kriegen. Als Grund wird mir immer nur gesagt, "wir haben kein Geld". Ich bin aber trotzdem zuversichtlich, dass wir noch viele Jubiläen mit der "Lindenstraße" feiern können.
Wird es die "Lindenstraße" also ewig geben?
Ich hoffe, dass ich mindestens 85 Jahre alt werden darf, bevor wir sie einstellen müssen. Aber auch wenn ich nicht mehr mitmache, gibt es ja Nachfolger, die das Ganze dann übernehmen können. Wir haben ein tolles Team, vieles läuft schon jetzt ohne mich. Aber momentan habe ich noch den Ehrgeiz, die Geschichten und Figuren zu entwickeln, da möchte ich meinen Einfluss noch stark geltend machen.