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Bildhauer arbeiteten mit Punktiergerät Marc Aurels Warzen sind Messpunkte

27.11.2012, 01:16

Bis zum 9. Dezember ist im Kulturhistorischen Museum Magdeburg die Landesausstellung "Otto der Große und das Römische Reich - Kaisertum von der Antike zum Mittelalter" zu sehen. Die Volksstimme stellt Kostbarkeiten dieser Schau in einer Serie vor. Heute: Der Porträtkopf des Marc Aurel.

Von Ulrike Theisen

Das Porträt des Kaisers Marc Aurel aus dem Liebieghaus in Frankfurt war als Einsatzkopf wahrscheinlich Teil einer leicht überlebensgroßen Statue. Marc Aurel ist in seinem letzten Porträttypus, also in einem Alter zwischen 50 und 60 Jahren dargestellt. Schon beim Amtsantritt seines Vorgängers Antoninus Pius wurde er zum Thronfolger bestimmt und regierte schließlich fast 20 Jahre, von 161 bis 180 n. Chr. das Römische Reich. Bis heute haben sich über 120 Porträts dieses Kaisers erhalten.

Das Porträt zeigt den Kaiser mit kurzem, lockigem Haupthaar und Vollbart, Altersmerkmale sind nur verhalten abgebildet. Allerdings weist das Porträt ein selten zu beobachtendes Phänomen auf: drei warzenartigen Erhebungen mit einer Vertiefung in der Mitte, zwei auf der Stirn und eine an der Kinnspitze.

Die kleinen Warzen sind aber keine Elemente des tatsächlichen Aussehens des Kaisers oder Altersmerkmale, sondern Messpunkte eines Bildhauers. Hier setzte er das sogenannte Punktiergerät an, das beim Kopiervorgang von einem Urbild behilflich war. Als Vorlage diente dem Kopisten wohl die direkte Abformung eines Marmorpor- träts aus Gips.

Gemessen wurde nach dem Prinzip, dass die Lage eines Punktes im Raum durch seine Entfernung von drei Referenzpunkten genau festgelegt werden konnte. Mit Hilfe von Messzirkeln wurden die Punkte dann vom Original auf die anzufertigende Kopie übertragen. Auf diese Weise konnte ein neues Kaiserbildnis innerhalb kürzester Zeit im ganzen Römischen Reich Verbreitung finden und in lokalen Werkstätten vervielfältigt werden.