1. Startseite
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Musik
  6. >
  7. Jazz als Schauermusik: Das Michael Wollny Trio und seine „Ghosts“

Jazz als Schauermusik Das Michael Wollny Trio und seine „Ghosts“

Ein Faible fürs Schaurige hat der Jazz-Virtuose Michael Wollny schon früher gezeigt. Sein neues Trio-Album widmet der deutsche Pianist „den Geistern, die Stücke aus Jazz, Klassik und Pop bevölkern“.

Von Werner Herpell, dpa Aktualisiert: 05.10.2022, 15:13
Das Michael Wollny Trio mit Tim Lefebvre (l-r), Michael Wollny und Eric Schaefer legt „Ghosts“ vor.
Das Michael Wollny Trio mit Tim Lefebvre (l-r), Michael Wollny und Eric Schaefer legt „Ghosts“ vor. Gregor Hohenberg/ACT/dpa

Berlin - Es gibt nicht viele Jazz-Musiker, die mit ihren neuen Alben regelmäßig in die Charts gelangen. Der in Schweinfurt geborene, mittlerweile 44 Jahre alte Pianist und Leipziger Musik-Professor Michael Wollny gehört zu diesem kleinen Kreis von Künstlern, die hohen Anspruch und „Verkäuflichkeit“ miteinander verbinden.

Seine aktuelle Platte „Ghosts“ - im virtuosen Trio mit Tim Lefebvre (Bass) und Eric Schaefer (Schlagzeug) eingespielt - verspricht einen erneuten Anlauf auf die Hitparaden jenseits der Jazz-Nische. Wie schon bei den erfolgreichen Vorgängerwerken „Weltentraum“ (2014), „Oslo“/„Wartburg“ (2018) und „Mondenkind“ (2020) hat Wollny für seine zehn Stücke ein ambitioniertes Konzept entwickelt.

Diesmal forscht er „nach den Geistern, die Stücke aus Jazz, Klassik und Pop bevölkern und ihn immer wieder heimsuchen“, wie sein Label ACT erklärt. Pop-Coverversionen (Nick Cave, Timber Timbre, David Sylvian), Jazz-Standards (George Gershwin, Duke Ellington), ein Klassik-Stück (Franz Schuberts „Erlkönig“) und zwei brillante Eigenkompositionen wechseln sich in einem recht heterogenen Mix ab - und doch entsteht wie bei Wollny üblich ein ganz eigener Flow.

Neben seinem schon früher hörbaren Faible fürs Düstere und Gruselige (etwa im Album „Nachtfahrten“ von 2015) spielte für Wollny der Begriff „Hauntology“ eine große Rolle bei „Ghosts“. Es geht dem Label zufolge um Musik, „die mit geisterhaften Klängen Erinnerungen an längst Vergangenes, Vergessenes und Gespenstisches weckt“.

Der Pianist selbst sagt dazu: „Diese Perspektive, diese Klänge und nicht zuletzt der Begriff an sich haben mich in den letzten Monaten enorm interessiert - bis hin zu der Idee, ein Klaviertrio-Album zu produzieren, das sich mit dem Thema beschäftigt.“ Wollnys hoch atmosphärische, faszinierende Schauermusik hat wieder alle Zutaten, um ein für Jazz-Verhältnisse großes Publikum zu begeistern.