Hommage Mick Harvey krönt seine Gainsbourg-Reihe
Da hat einer sein Thema gefunden: Schon zum vierten Mal widmet sich der langjährige Cave-Begleiter Mick Harvey den oft erotischen, bisweilen düsteren, immer faszinierenden Chansons des Serge Gainsbourg.
Berlin (dpa) - Es begann vor gut 20 Jahren, als Mick Harvey mit "Intoxicated Man" seine erste Platte voll englischsprachiger Adaptionen der Lieder des großen französischen Chansonniers Serge Gainsbourg (1928-1991) veröffentlichte.
Kurz nach diesem von der Kritik begeistert aufgenommenen Album - es war 1995 zugleich Harveys Solo-Debüt - folgte mit "Pink Elephants" (1997) ein Nachschlag. Und dann lange nichts mehr.
Jetzt hat die langjährige rechte Hand von Nick Cave (mit den Bad Seeds von 1983 bis 2009) sein Faible für Gainsbourg neu entdeckt und die Cover-Alben drei und vier aufgelegt. 2014 waren "Intoxicated Man" und "Pink Elephants" beim rührigen Harvey-Label Mute als Doppelalbum wiederveröffentlicht worden - die Plattenfirma glaubt also an die bleibende Qualität dieser Musik.
Und zu Recht, denn schon das im Juni 2016 erschienene "Delirium Tremens" knüpfte mit viel Expertise und Grandezza an die beiden 90er-Jahre-Tributes an. Zwischen Indie-Rock, streichersatt elegantem Pop Noir, Latin und Cool-Jazz interpretierte der Multiinstrumentalist und solide Sänger Harvey die zwölf Lieder. Den Closer "The Decadance" bestritt er mit seiner Ehefrau, der Malerin Katy Beale.
Auf dem vierten Teil "Intoxicated Women" (schon im Titel ein Brückenschlag vom Debüt zum Hier und Heute) lässt Mick Harvey wieder ein Familienmitglied ans Mikro - diesmal seinen Sohn Solomon in "Baby Teeth, Wolfy Teeth". Auch sonst teilt oder gönnt der 58-jährige gern das Rampenlicht. Dieses Album ist weitgehend eine Duett-Platte mit diversen Sängerinnen, in einigen Songs dürfen Andrea Schroeder, Sophia Brous, Xanthe Waite oder Lyndelle-Jayne Spruyt die Vokalparts auch allein übernehmen.
Eine Platte rund um die Frauen also, wie der Albumtitel ja bereits verrät. Besonders spektakulär ist der Opener, die auf Deutsch gesungene Version des einstigen Skandalliedes "Je t'aime...(moi non plus)". Bei Harvey und der tollen Berliner Dark-Folk-Sängerin Schroeder heißt es nun "Ich liebe Dich...(Ich Dich auch nicht)" und klingt ähnlich verschwitzt-sinnlich wie das Original von Gainsbourg und Jane Birkin.
Aber auch mit den anderen 14 Stücken bis zum herausragenden Abschluss "Cargo Cult" - aus dem Klassiker "Histoire de Melody Nelson" (1971) - stellt Harvey unter Beweis, welche Relevanz und welchen Reiz Gainsbourgs Musik bis heute hat. Fazit: Auch wenn diese starke Tribute-Reihe mit nunmehr vier Alben womöglich an ihr Ende kommt - es dürfte gern noch etwas weitergehen.