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20. September 2013, 20.00 Uhr, Moritzhof-Scheune Musikalische Lesung mit Wiglaf Droste & The Tünseltown Rebellion Band

17.09.2013, 12:38

Mit Schwung, Grazie und Eleganz seziert Wiglaf Droste die sprachlichen Entgleisungen der Deutschen, den Neusprech aus "Nachhaltigkeit" und "Transparenz", in dem "Teamplayer" und "Goods Flow Mitarbeiter" gefragt sind, "Apps zum Entdecken von Apps" aufwendig "kuratiert" werden und den das Lied eines halbalphabetischen Sängers quasi "im Paket" zusammenfasst: "Wenn Worte meine Sprache wären". Droste spürt der "gefühlten Unsportlichkeit" nach, analysiert die "cremige Fülle" eines Weins, die "Menschenrechte" aus dem Hause Hoeneß und einen "sich nach allen Seiten absichernden Mehrzweckjournalimus", der mit "Jogi" immer nur Joachim Löw und niemals Jogi Gauck meint. Im Sprachschlamassel entdeckt Droste in "Die Würde des Menschen ist Konjunktiv", seine gerade neu erschienen Sprachglossen, aber auch jede Menge Kleinode.

Doch der dandyhafte Droste verlässt bei seinem Besuch am 20. September auf dem Moritzhof dies Mal auch seinen Vorlesetisch am Rande der Bühne, um mit der "Tünseltown Rebellion Band" musikalische Akzente zu setzen. Die Band mit der Besetzung Gitarre, Mandoline und Kontrabass sorgt für ein angenehm-jazziges Verquirlen verschiedener Musikstile, denen Droste mit doppelbödigen Texten den letzten Schliff verleiht. Und da wird es politisch, nicht nur mit der Coverversion von "Wölfe mitten im Mai" des 2011 verstorbenen Franz-Josef Degenhardt. Und neben dem "Grätenwerfer in der Fischmehlfabrik", dessen Songtext die Lüge des Fischfilets à la Bordelaise thematisiert und dem Tom-Petty-Klassiker "I won’t back down", den er in der Johnny-Cash-Version liefert, bekommt besonders einer sein Fett weg: Silvio Berlusconi, die "medial multiple Ölpfütze von Mann". Droste verbietet ihm einfach die italienischen Teigwaren: "Basta, Berlusconi, no pasta per te!" Nein, Wiglaf Droste steht Ernsthaftigkeit ganz gut, besonders in seinen Songtexten: "Schon seltsam, wie leicht man vergisst, dass alles, was man tut, für immer ist" – suchen Sie da mal den Gag!