1. Startseite
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Musikalische Perlen aus drei Jahrhunderten

Philharmonisches Kammerorchester beendet Wernigeröder Schlossfestspiele mit Konzert Musikalische Perlen aus drei Jahrhunderten

Von Hans Walter 02.09.2013, 01:21

Die "Last Night" der 18. Wernigeröder Schlossfestspiele ist keineswegs die letzte Nacht für das Philharmonische Kammerorchester. Klangschön und experimentierfreudig startete es am Sonnabend im ausverkauften "Fürstlichen Marstall" in sinfonischer Besetzung zugleich in die neue Saison.

Wernigerode l 2013 zierten rote Federn und Perlen die Programmblätter der "Last Night" - liebevoll in Einzelanfertigung von den Mitarbeiterinnen des Kammerorchesters gewickelt. Und musikalische Perlen aus Russland, Tschechien, Polen, Frankreich, den USA und Großbritannien aus drei Jahrhunderten waren es in Tat, die das Orchester bereithielt. Händels Feuerwerks- und Wassermusik, "Star Wars" von John Williams, Elgars Marsch "Pomp And Circumstance" und Chatschaturjans "Säbeltanz" erklangen.

Bedrich Smetanas Ouvertüre und der Furiant aus der Oper "Die verkaufte Braut" schufen unter dem Dirigat von MD Christian Fitzer stimmungsvolle, romantische Bilder böhmischen Dorflebens. Sie gaben zugleich einen Ausblick auf den 13. und 14. September, wo das Orchester gemeinsam mit jungen Solisten der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover die komplette Oper auf Burg Warberg am Elm aufführen wird. Ein feiner Vorgeschmack.

Schwerpunkt Nummer zwei: die Bearbeitung von Claude Debussys ursprünglich für Klavier geschriebenen "Préludes" für ein großes Orchester durch den Solo-Kontrabassisten Andreas Nettels. "Danseuses de delphes" (Tänzerinnen Delphis) und "Le danse de Puck" (Tanz des Puck) erlebten ihre Uraufführung. Fein gezeichnete Miniaturen, bei denen Nettels mit großem Gespür für Klangfarben "seine" Philharmoniker zu beseelter Stimmung brachte. Die Bläserfraktion war hervorragend. Bis hin zur Harfe, die musikalisch den Schlusspunkt setzte.

Den Höhepunkt des glanzvollen Konzerts markierte die aus Schlesien stammende Solistin Marta Klimasara auf der Marimba - ARD-Preisträgerin und seit 2004 Professorin für Schlagzeug in Stuttgart. Unglaublich, wie sie mit vier Klöppeln und flinken Fingern das Instrument zum Klingen brachte. "Es ist so einfach, als würde man mit Stäbchen essen", sagte sie. Allerdings beidhändig! In rasender Geschwindigkeit modellierte sie Lyrisches wie Expressives.

Das 2. Konzert für Marimba und Orchester von Marcin Blazewicz und Peter Klatzows "Sunlight Surrounds Her" sind Marta Klimasara gewidmet. Sie spielte beide Werke. Das atonale Marimba-Konzert widerspiegelt polnische Seele. Es war in seinen drei Sätzen majestätisch, rau und ruppig, elegisch und voll nervöser fahler Klänge; im letzten Teil nimmt es die kraftvolle Volksmusik der Goralen auf. Ungeheuer ausdrucksvoll sowohl in der Solokadenz wie auch im Orchesterklang.

Im Klatzows "Sonnenlicht" musizierte Marta Klimasara mit Krzysztof Baranowski (Violine), Hartmut Ruß (Cello), Barbara Toppel (Flöte) und Kristian Petkov (Fagott). Elegisch, keck, schnatternd, klagend, lyrisch - es war Kammermusik vom Feinsten. Und ein Beweis dafür, dass in Fitzners Programmauswahl das "impuls"-Festival mit neuer Musik fast überall steckt, nicht nur auf die Festspiel-Monate Oktober und November beschränkt. Das Publikum ist immer für innovative Klänge aufgeschlossen. Begeisterter Applaus.