My First Lady: Wie sich Barack und Michelle verlieben
Barack Obamas Tage als Präsident sind gezählt, doch das First Couple schafft es im Wahljahr noch auf die Leinwand. Das Dokudrama My First Lady zeigt das junge Paar beim ersten Date. Ein Liebesfilm mit Tiefgang.
Los Angeles (dpa) - Es ist August 1989, ein schwüler Sommertag in Chicago. Im Radio dröhnt Janet Jacksons Miss You Much. Ein junges Paar ist zum ersten Date verabredet. Er raucht nervös am Steuer seines alten, rostigen Autos. Sie macht sich im Elternhaus sorgfältig zurecht.
Hochfrisur, Schminke, ein enger weißer Rock. Wie heißt denn der Junge, fragt ihr Vater. Barack Obama, ein Kollege. Er ist ein Aushilfsanwalt, der aus Harvard, klärt Michelle Robinson ihre Eltern auf.
My First Lady ist ein ganz besonderer Liebesfilm, schließlich geht es um das erste Rendezvous von Amerikas berühmtestem Ehepaar. Das Doku-Drama hat den Charme von Richard Linklaters Kult-Romanze Before Sunrise, in der sich Celine (Julie Delpy) und Jesse (Ethan Hawke) beim ersten Spaziergang durch Wien kennenlernen und vor den Augen der Zuschauer ineinander verlieben.
Ortswechsel in die South Side Chicagos, einem Schwarzenviertel, in dem die Tochter eines Schlossers und einer Sekretärin aufwächst. In Southside With You, so der englische Titel des Films, arbeitet die 25-jährige Michelle als Anwältin in einer großen Kanzlei. Barack steckt mit 28 Jahren noch in der Ausbildung, sie ist seine Vorgesetzte.
Und gleich am Anfang ihres Treffens stellt sie klar. Das hier ist kein Date, nur ein Treffen von Kollegen. Doch der Widerstand schmilzt schnell dahin. Es geht ins Museum, dann in den Park, später zu einer Gemeindeversammlung, am Abend ins Kino. Und dann der erste Kuss mit Schokoladengeschmack vor einem Eissalon.
Und war es wirklich so? Natürlich habe er sich künstlerische Freiheiten genommen, erzählt der 31-jährige Richard Tanne über sein intelligentes, fesselndes Regiedebüt. Teilweise hielt er sich an Fakten. Das erste Date führte Amerikas First Couple tatsächlich ins Museum, ins Kino (Do The Right Thing) und am Ende in die Eisdiele.
Sein Film sei einfach eine Love Story, wie zwei gescheite Menschen sich annähern und ineinander verlieben, erklärt Tanne dem San Francisco Chronicle. Die Dialoge sind frei erfunden, aber so geistreich und treffend, dass man tatsächlich glaubt, beim ersten Date des zukünftigen Präsidentenpaares Mäuschen zu spielen.
Auch die kaum bekannten Hauptdarsteller sind ein Glücksgriff. Tika Sumpter (36, Ride Along, Get On Up) verwandelt sich in die wortgewandte Michelle, die dem selbstsicheren Kollegen charmant Paroli bietet.
Der britische Schauspieler Parker Sawyers (Zero Dark Thirty), der auch in Oliver Stones Snowden zu sehen ist, überzeugte den Regisseur mit seiner perfekten Obama-Nachahmung, die er allerdings abschwächen musste. Er habe Sawyers angewiesen, einfach nur einen Mann zu spielen, der seine Angebetete beeindrucken will, erzählt Tanne. Was bleibt ist ein junger Obama pur, mit einem einnehmenden Lachen, schlagfertigen Antworten, Verletzlichkeit, Wärme und nachdenklichen Betrachtungen.
Für My First Lady gab es bereits beim Sundance Festival im vergangenen Januar lauten Applaus. Dass der amtierende Präsident im im laufenden Wahljahr auf die Leinwand kommt, sei kein politisches Kalkül gewesen, versichert Tanne. Das ist kein Präsident Obama Film. Es ist der Barry und Michelle Film.
Und was sagt das First Couple zu der Love Story? Von offizieller Seite habe er noch nichts gehört, meint Tanne. Er setzt aber auf den US-Musiker und Oscar-Preisträger John Legend (37, Glory), der als ausführender Produzent mitwirkte. Legend sei mit den Obamas befreundet und habe ihnen den Film empfohlen. Ich würde liebend gerne ihre wirkliche Reaktion hören, erklärt der Regisseur. Die kann eigentlich nur positiv ausfallen.
My First Lady, USA 2016, 84 Min., FSK o.A., von Richard Tanne, mit Tika Sumpter, Parker Sawyers.