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Nachwuchsgeiger aus aller Welt wollen den Mozartpreis

Es ist die Geburtsstadt des Vaters von Musikgenie Wolfgang Amadeus Mozart. In Augsburg kämpfen derzeit 58 Musiker aus der ganzen Welt um den begehrten Mozartpreis. Der internationale Violinwettbewerb könnte für jeden von ihnen das Sprungbrett zur großen Karriere sein.

Von Manuela Rauch, dpa 07.05.2016, 10:10

Augsburg (dpa) - Sie sind jung, talentiert und wollen die erste Geige spielen. In Augsburg kämpfen derzeit Nachwuchsmusiker aus aller Welt um den begehrten Mozartpreis. Am Donnerstag (12. Mai) wird im Finale der Gewinner gekürt, bis dahin müssen die 58 Violintalente mehrere Runden überstehen.

Es ist still im zweiten Stock des Leopold-Mozart-Zentrums. Vorn auf der Bühne des schlichten Konzertsaals steht die Französin Anne Göckel und streicht mit dem Bogen konzentriert über die Saiten der Stradivari. Die Mozart-Sonate ist eigentlich perfekt. Ihre Anspannung kann die zarte Künstlerin trotzdem nicht verbergen, denn hinter dem Publikum, am anderen Ende des Saals, sitzt die Jury und registriert jeden Wackler. Acht internationale Profis entscheiden, ob die junge Französin weiterkommt oder ob hier Schluss ist. Kann sie die Jury überzeugen, rückt die Finalrunde ein Stück näher.

Der Violinwettbewerb Leopold Mozart ist auf der ganzen Welt bekannt. Zum 9. Mal kommen Nachwuchstalente nach Augsburg, wo Leopold Mozart, Vater von Wolfgang Amadeus, geboren wurde und einst seine Violinschule veröffentlichte. 12 der 58 Geiger kommen aus den USA oder Kanada, aus Deutschland sind es nur sechs. Der Mozartpreis ist vor allem in Asien begehrt. Aus Südkorea sind 13 Teilnehmer dabei, aus Japan 10.

Zwei Bewerber, die ihre erste Runde noch vor sich haben, sitzen unten im Erdgeschoss des Barockbaus und lauschen der Live-Übertragung aus dem Konzertsaal, wo die Mitbewerber ihr Bestes geben. Claire Bourg ist 21 Jahre alt und aus Boston angereist. Sie hat schon viele Wettbewerbe gespielt, aber noch nie außerhalb der USA. Sie liebt die warme Atmosphäre des Wettbewerbs. Es ist ein gutes Gefühl, hier zu sein, wir sind wie eine große Familie.

Eine, die es nicht weit hatte, ist Stephanie Rott. Die 25-Jährige ist für das Musikstudium von Heidelberg in die Fuggerstadt gezogen. Sie erzählt, dass ihre Eltern nach Augsburg kommen, wenn sie sich durch die erste Runde kämpft. Zu spielen, wenn die Familie im Publikum sitzt, ist immer etwas Besonderes.

Wie ihre Konkurrentin aus Boston beteuert auch Stephanie: Dabei sein ist alles! Die Augsburger Studentin findet: Der Austausch mit anderen Musikern ist viel wichtiger als der erste Platz. Das wissen auch die Macher des Wettbewerbs. Dem Sieger winken 10 000 Euro und die Produktion einer eigenen CD. Für die anderen gibt es Konzertarrangements, Stipendien und Sonderpreise. Die Teilnehmer nehmen zudem wertvolle Kontakte mit und damit Möglichkeiten, die Karriere ins Rollen zu bringen.

Wir setzen auf Qualität und nicht auf hohe Preisgelder, sagt Organisator Simon Pickel. Er leitet das Mozartbüro in Augsburg, bezeichnet sich selber als Mozart-Manager und hat in akribischer Kleinarbeit zwölf Tage Wettbewerb durchgetaktet. Ein irrer Aufwand, sagt er, der sich aber lohne. Der Mozartpreis verkörpere wie kaum eine andere Veranstaltung die Kreativität eines Künstlers. Das beginne schon mit dem Repertoire, was sich deutlich von dem anderer Wettbewerbe unterscheide.

Es sei keine Mainstream-Klassik, erklärt Mitarbeiterin Julika Jahnke. Ganz bewusst wollen wir Konzerte auf die Bühne bringen, die nicht oft gespielt werden. Zudem hat der junge Komponist Johannes X. Schachtner für den Wettbewerb ein Auftragswerk geschrieben. Der 31-Jährige hatte 2014 den bayerischen Kunstförderpreis gewonnen. Der Mozart-Wettbewerb pflege nicht nur die Vergangenheit, sagt Jahnke. Es geht auch darum, zu zeigen, wie sich Musiker heute ausdrücken. Ganz nebenbei könnte in Augsburg ein neuer Star entdeckt werden. Es wäre doch toll, wenn einer das Zeug zum großen Interpreten hat.

Die lettische Geigerin Baiba Skride, die sonst mit Orchestern von Weltrang wie den Berliner Philharmonikern oder dem London Philharmonic Orchestra auftritt, sucht als Jurymitglied nach Individualität: Ein Künstler innerhalb der großen Masse, der die Emotionen anspricht. Da nütze es gar nichts, wenn jemand nur gut gelernt habe. Die meisten Teilnehmer seien schon erstklassig.

Doch Mozart, fester Bestandteil des Repertoires, könnte die Spreu vom Weizen trennen. Mozart ist sehr einfach, da brauchst Du Fantasie, denn da siehst Du alles, sagt Skride. Ihn mit Leichtigkeit zu spielen, gelinge nicht jedem. Umso besser, wenn sich der Künstler eine Sonate zu eigen macht. Ein persönlicher Stil, nichts total Verrücktes, aber etwas, was ihn von der Masse abhebt, erklärt die Lettin. Skride wird in Augsburg auf den magischen Moment warten. Den einen Augenblick, wenn Ausstrahlung und Gefühl im Einklang sind. Sie weiß: Erklären kann man das eigentlich nicht, es muss einfach passen.

Leopold Mozart Wettbewerb

Johannes X. Schachtner