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Naumburger Dom Glas-Kosmetik für den Welterbe-Titel

Bald wird sich entscheiden, ob der Naumburger Dom zum Welterbe ernannt wird. Gebaut wird derzeit an bunten Fenstern.

15.04.2018, 23:01

Naumburg (dpa) l Im Naumburger Dom – Kandidat 2018 für den begehrten Unesco-Welterbetitel – sollen bis Ende 2020 alle elf der riesigen, jahrhundertealten Kirchenfenster mit Glasmalereien restauriert und mit modernen Methoden der Wissenschaft konserviert werden. Der Dom aus dem 13. Jahrhundert zählt laut Experten zu den bedeutendsten Kathedralbauten des europäischen Hochmittelalters. Rund 2,1 Millionen Euro werden nach Angaben der Vereinigten Domstifter zu Merseburg und Naumburg und des Kollegiatstifts Zeitz für die Restaurierung der Fenster von Bund, Land und vier Stiftungen zur Verfügung gestellt.

„Wir haben hier im Dom eine Verbindung von mittelalterlicher Skulptur, Architektur und Glasmalerei, die es so in der Welt nicht gibt“, sagt Stiftsdirektor Holger Kunde. Im Lauf der Jahrhunderte hätten sich allerdings Schäden am Glas gebildet. Sonne, Wind und Wetter, Umweltverschmutzung in rund 150 Jahren und auch Abgase von Industrie sowie Dreck von Kohleheizungen hätten den Kirchenfenstern trotz vorheriger Restaurierungen zugesetzt.

Millimeter für Millimeter, Stück für Stück, werden die bis zu knapp zwölf Meter hohen Fenster gesäubert und originalgetreu aufgearbeitet, unter dem Mikroskop. Dabei geht die Expertin für historische Glaskunst, Sarah Jarron aus England, in der eigens geschaffenen Restaurierungswerkstatt in Naumburg (Burgenlandkreis) vorsichtig mit feinen Pinseln vor. Erste Teile der riesigen gotischen Fenster mit Rahmen werden dafür derzeit scheibchenweise aus dem Dom ausgebaut, die Lücken mit Brettern versehen. Besucher des Doms haben dennoch genügend Licht.

„Wir wollen mit der Restaurierung den Bestand dieser einzigartigen Glasmalerei in seiner Gesamtheit konservieren und dauerhaft für die nachfolgenenden Generationen erhalten“, erklärt Kunde. Dazu gehöre auch ein Spezialschutz gegen UV-Strahlen. Der Dom besitze außerordentlich qualitätsvolle Glasmalereien aus der Erbauungszeit. Die Verglasung des Westchores sei zeitgleich mit den zwölf Stifterfiguren – wie der Markgräfin Uta und ihres Ehemanns Ekkehard von Meißen – von einem bis heute unbekannten „Naumburger Meister“ in der Zeit bis 1250 geschaffen worden.

„Ein Gesamtkunstwerk, das in einem Guss entstanden ist“, sagt der Sachverständige für Kunst- und Denkmalpflege Ivo Rauch aus Koblenz. Der Kunsthistoriker und gelernte Glaser leitet das Restaurierungsprojekt. Es wird begleitet von einem elfköpfigen wissenschaftlichen Beirat. Dazu gehören Glas- und Kirchenexperten, Denkmalpfleger und Materialforscher aus dem In- und Ausland. „Wir machen die Fenster nicht unbedingt heller, aber für die Nachwelt brillanter“, sagt Rauch.

In die Schlagzeilen geriet der Dom im Vorjahr, als den Naumburgern eine eher ungewöhnliche dritte Chance im Ringen um die Aufnahme der Liste des Unseco-Welterbes gewährt wurde. Vorher hatte der Antrag aus Naumburg die strenge Kommission zweimal nicht überzeugt. Der Grund: Nicht nur der Dom sondern auch die hochmittelalterliche Landschaft drumherum an Saale und Unstrut sollte nach dem Willen der Sachsen-Anhalter zum Welterbe der Menschheit erklärt werden.

Für Deutschland gehen in diesem Jahr zwei Kandidaten auf der 42. Sitzung des Welterbe-Komitees (24. Juni bis 4. Juli) in Manama in Bahrain ins Rennen. Neben dem Naumburger Dom sind das die Wikingerzeitlichen Stätten in Nordeuropa – Danewerk und Haithabu, sagt Katja Römer, Pressesprecherin der Deutschen Unesco-Kommission (Bonn). Dass gerade jetzt am Dom die Fenster restauriert werden, sei nichts Ungewöhnliches für historische Bauten, sagt Landeskonservatorin Ulrike Wendland vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt.

„An einem alten Haus muss man immer was machen damit es nicht verfällt, da geht auch immer mal was kaputt im Laufe der Jahre. Und der Dom, der steht ja nun schon Jahrhunderte hier“, sagt ein Naumburger Taxifahrer, der Touristen vom Bahnhof abholt. Rund 100.000 Besucher zieht allein der Dom jährlich in die Kleinstadt.