1. Startseite
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Neues und Witziges in Grimms Märchen

Theater der Altmark Stendal zeigt "König Drosselbart" als Weihnachtsinszenierung Neues und Witziges in Grimms Märchen

Von Birgit Tyllack 08.11.2011, 04:27

Das Weihnachtsmärchen "König Drosselbart" hat am Sonntag erfolgreich im Theater der Altmark Premiere gefeiert. Es ist ein sehenswertes Stück für die ganze Familie.

Stendal l Der junge König weiß, wen er will. Vanessa heißt sie, Prinzessin ist sie, eine schöne noch dazu. Aber was sie für den jungen Mann so besonders attraktiv macht, ist ihr selbstbewusstes Wesen. Vanessa ist erfrischend ungestüm, - nicht umsonst ist ihr liebster Spielkamerad der Wind selbst. Frei möchte sie sein, weshalb sie auf keinen Fall mit irgendeinem Mann verheiratet werden möchte. Da kann ihr Herr Papa noch so viele vorsprechen lassen. Mit sicherem Blick erkennt sie die Schwächen der Kandidaten. Und wo sie mit ihrer Kritik Recht hat, da hat sie Recht.

Nun gut: etwas diplomatischer könnte sie sein. Es ist nicht ratsam, mit den Nachbarländern auf keinem guten Fuß zu stehen! Vanessas Vater findet es nicht schlimm, dass seine angebetete Tochter weiterhin an seinem Hof bleibt. Doch die leidige Hofetikette verlangt eine baldige Heirat. Der strenge Herold macht Druck, droht gar mit Machtübernahme.

Nur gut, dass noch ein Kandidat da ist: der junge König, der sich gerade aufgrund ihrer "schwierigen" Art in die Prinzessin verliebt hat. Für einen Augenblick steht die junge Frau diesem Mann sprachlos gegenüber. Der gefällt ihr, so viel steht fest. Aber der alte Stolz kann nicht so schnell überwunden werden. Also verspottet sie auch ihn. Da ihr nicht viel einfällt, spricht sie auf seinen kleinen Kinnbart an: König Drosselbart ist geboren. Und er muss ohne Braut von dannen ziehen.

Durch eine Intrige des Herolds bekommt er seine Vanessa kurz darauf doch noch zur Frau. Allerdings steckt Drosselbart in der Verkleidung eines armen Spielmanns. Vanessa lernt in Folge das "wahre" Leben kennen und bis zum großen Happy End ist aus ihr eine erwachsene, junge Frau geworden. Immer noch wild und selbstbewusst, aber auch verantwortungsvoll.

Dramaturg Sascha Löschner hat das Märchen der Gebrüder Grimm erfolgreich ins Heute gebracht. Hier wird kein weiblicher Wille durch patriarchalische Gewalt gebrochen, hier wird liebevoll erzogen. Sowohl Vater als auch Ehemann schätzen es, ein gleichwertiges Gegenüber zu haben. Nicht nur die weiblichen Zuschauer danken!

Märchenfan-Herzen schlagen höher

Trotz aller "Modernisierungen" lässt diese Aufführung auch eingefleischte Märchenfan-Herzen höher schlagen. Das Lob gebührt neben Löschner natürlich dem Regisseur Arnim Beutel und der Ausstatterin Sofia Mazzoni. Und Sebastian Kemper, der einige mitreißende Lieder beisteuerte. Doch die schönste Kulisse, die beste Regie und das witzigste Textbuch können nicht wirklich gewinnen ohne überzeugende Schauspieler. Zum Glück konnte das Stück auch damit aufwarten: Susanne Kreckel und Alexander Zieglarski als Vanessa und Drosselbart sind absolut erfrischend. Ebenso wie ihre Kollegen Steffanie Plattner, Jonathan Prösler und Stefan Peetz, die wunderbar wandlungsfähig in mehrere - meist liebenswerte und komische - Rollen schlüpften.

"König Drosselbart" ist eine Märcheninszenierung von der besten Art, bietet sie doch neben Neuem und Witzigem auch klassische Märchenelemente. Sehenswert für die ganze Familie.

Nächste Vorstellungen in Stendal: 6. und 7. Dezember