Neuigkeiten in Biografie über Strittmatter
Berlin (dpa) l "Das ist nicht der Vater, den ich kenne", sagt Jakob Strittmatter, der Sohn des 1994 gestorbenen DDR-Schriftstellers Erwin Strittmatter ("Der Laden"). Am 14. August wäre der aus Spremberg in der Lausitz stammende und zuletzt im Ruppiner Land beheimatete Autor 100 Jahre alt geworden. Im Vaterhaus im märkischen Schulzenhof bei Gransee übergibt der Sohn der Autorin Annette Leo bisher im Familienbesitz unter Verschluss gehaltene Briefe, Aufzeichnungen und Dokumente seines Vaters aus dem Zweiten Weltkrieg. Sie belegen, dass Erwin Strittmatter Angehöriger eines der SS unterstellten Polizeiregiments war, das in Slowenien und Griechenland Kriegsverbrechen verübte. Strittmatters Krakauer Adresse im besetzten Polen lautete "SS-Totenkopfkaserne", in Finnland wurde sein Regiment der 6. SS-Gebirgsjägerdivision unterstellt.
Annette Leo hatte die Dokumente für ihre neue Strittmatter-Biografie erbeten, die jetzt im Berliner Aufbau Verlag erschienen ist. Dort kam bereits im Juni der erste Band der Strittmatter-Tagebücher von 1954-1973 heraus, in denen Strittmatter auf die Kriegszeit immer nur kurz oder in Andeutungen zu sprechen kommt. Seine inzwischen gestorbene Mutter Eva Strittmatter sei über den Inhalt der Briefe so bestürzt gewesen, dass sie die Papiere nicht an die Öffentlichkeit geben wollte, erzählt Jakob Strittmatter. Den größten Teil des schriftlichen Nachlasses seiner Eltern hat der Sohn dem Archiv der Akademie der Künste in Berlin übergeben.
Strittmatter habe der "Schweigegemeinschaft" seiner Generation angehört, meint die Autorin der Biografie. Aber anders als sein Schriftstellerkollege Günter Grass, der als junger Mann am Ende des Krieges noch kurzzeitig der Waffen-SS angehörte und der sich als 80-Jähriger doch noch entschloss, "die Häute der Zwiebel", wie er es nannte, abzuziehen", habe Strittmatter nicht versucht, diese Schichten noch zu Lebzeiten abzutragen.