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Puppentheater Zänkischer Benedikt: "Entspann dich, Puppe!"

In der 40. Ausgabe des Hofspektakels sorgt „Viel Lärm um nichts“ im Shakespeare-Jahr für erotische Verwirrungen.

Von Kathrin Singer 10.07.2016, 23:01

Magdeburg l Tief in die Klischeekiste greifen Regisseur Moritz Sostmann und sein Ausstatter Christian Beck für die Charakterisierung der Geschlechter. Das zweigeteilte Bühnenbild zeigt die scheinbar gegensätzliche Ausgangslage: Gasbetonsteine, Betonmischer, gestapelte Bierkästen sind das Revier der Männer, zur Damenwelt gehört eine Art Irrgarten mit dichten, echten Hecken, Brunnen und Putten. Über allem – die Baustelle befindet sich immerhin im süditalienischen Messina - thront eine Madonna. Dazu der erste Aufzug der Männer – ein Alptraum von Touristenprolls mit Hawaiihemden und verspiegelten Sonnenbrillen zu Klängen von Adriano Celentano – erste Lacher sind dem achtköpfigen Ensemble sicher.

Wie ein amouröses Urlaubsabenteuer mutet es auch an, wenn sich einerseits Claudio in die schöne Hero verliebt, gleichzeitig aber auch die Intrige gesponnen wird, die scharfzüngige Beatrice und den nicht weniger zänkischen Benedikt („Entspann dich, Puppe!“) miteinander zu verkuppeln. Hier punkten die messerscharfen Dialoge Shakespeares, deren pointierter Übersetzung von Angela Schanelec man deutlich anmerkt, dass sie in praktischer Probenarbeit entstanden sein müssen.

Für großes Vergnügen sorgte dabei der Einzug der Technik, wenn über Smartphone und hochgehaltene SMS-Schilder inklusive Sendegeräuschen das verhängnisvolle Treiben in Gang gesetzt wird.

Sostmann inszeniert die Verwechslungskomödie in einem geschickten Mix von Schauspiel und Puppenspiel. Den Darstellern sind lebensgroße Klappmaulfiguren an die Hand gegeben, die direkt aus der Muppetshow entsprungen sein könnten, nur, dass sie in der Variante von Franziska Hartmann über eine verblüffende realistische Mimik verfügen. Die Spieler werden dadurch zu doppelköpfigen Wesen, deren Spiel immer dann am meisten fasziniert, wenn Puppe und Spieler sich in zwei Personen aufspalten und in Dialog treten. Hinreißend komisch, wenn beispielsweise Anna Wiesemeier als Kammerfrau Uschi mit ihrem grummeligen Chef, der Puppe Leonato, spricht.

Der Regisseur profitiert einmal mehr von seinem äußerst spielfreudigen Ensemble, das von Jana Weichelt (Hero) als Gast verstärkt wurde, auf die man sich ab der kommenden Spielzeit als festes Ensemblemitglied freuen darf. Deftiges Volkstheater am Rande zum Klamauk, wenn Kammerfrau Uschi den splitternackten Borachio (Richard Baborka) mit Wasserschlauch foltert. Glucksendes Gelächter auch, wenn der Männerbund am vermeintlichen Grab Heros einen ergreifenden Trauergesang anstimmt inklusive Blockflötensolo des Fast-Bräutigams Claudio (Florian Kräuter).

„Brennende Liebe“ und „Männertreu“ gibt’s übrigens als Zugabe auf dem Programmzettel zum Einpflanzen im heimischen Garten und als blühende Erinnerung an einen sommerlich-leichten Theaterabend.

Weitere Vorstellungen: täglich bis 31. Juli, 20.30 Uhr, außer montags.