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Schloss Gottorf Schleswig zeigt die Sammlung Bönsch

Barlach, Liebermann, Pechstein: Große Namen einer großen privaten Sammlung. Rund 100 der insgesamt 2500 Kunstwerke von Mäzenin Elisabeth Bönsch sind unter dem Motto Ouvertüre in den Landesmuseen Schloss Gottorf zu sehen.

Von Alexander Preker, dpa 06.10.2016, 14:00

Schleswig (dpa) - Elisabeth Bönschs Kinder sind nach Schleswig gezogen. Die Kinder - damit meint sie Werke von Francisco Goya, Lovis Corinth, Ernst Barlach, Max Liebermann, Oskar Kokoschka oder Max Pechstein - hat sie als Dauerleihgabe an das Museum auf Schloss Gottorf gegeben.

Denn die Kunstsammlerin, so erzählt sie, ist verliebt und hat mit dem schleswig-holsteinischen Landesmuseum die Ehe geschlossen. Und nach dem Umzug der etwa 2500 Grafiken sowie rund 90 Gemälde gewährt das Museum unter dem Titel Ouvertüre vom Wochenende an einen ersten Einblick in das Ergebnis der Sammelleidenschaft der 74-Jährigen.

Leinenschuber für Leinenschuber, Gemälde für Gemälde hatten Bönsch und Chef-Restauratorin Ann-Christine Henningsen bereits Monate zuvor auf einer Liste abhaken müssen. Beim Auspacken im eigens eingerichteten Bönsch-Depot neben der Reithalle des Schlosses stießen sie auch auf längst vergessene Schätze wie Farb-Lithographien mit Zirkus-Motiven von Henri de Toulouse-Lautrec - Pudel mit Schleifchen im Schwanz inklusive. Impressionistische Grafik aus Deutschland und Frankreich findet sich genauso in der Sammlung wie Expressionismus bis 1933. Kurzum: ein Querschnitt der klassischen Moderne, ergänzt durch zeitgenössische Kunst von Friedemann Hahn.

Rund 50 Jahre, so erzählte Elisabeth Bönsch, sammelte sie mit ihrem vor vier Jahren gestorbenen Mann Hans-Joachim Kunst. Wir haben keine Kinder, und irgendwann wurde es so viel, dass wir uns gefragt haben, was tun wir damit, sagte Bönsch. Kunst ist nicht dafür da, dass sie in Schränken lagert. Doch damit sie sich nicht weltweit zerstreut, hätten sie in ihrer Heimat Wolfsburg vor 15 Jahren eine Stiftung gegründet - und ein Museum gesucht.

Haben wollten es viele, erzählte Bönsch. Bereits zwei Verträge zwischen dem Wolfsburger Ehepaar und Museen sind inzwischen jedoch gescheitert: Im schwäbischen Göppingen (2005) und in Braunschweig (2012) zog das Ehepaar die Sammlung mit einem zweistelligen Millionenwert nach nur wenigen Jahren ab. Vertiefen mag sie das Thema nicht. Es kam eines zum anderen, sagte Bönsch.

Nach dem Aus in Braunschweig hatte sich schließlich Gottorf Chancen ausgerechnet. Wenige Tage, bevor mein Mann starb, schrieb mich Thomas Gädeke an, der Brief schloss mit den Worten 'unsere Türen stehen ganz weit offen', sagte Elisabeth Bönsch. Eine Traueranzeige und mehrere Briefe später fuhr die gebürtige Stuttgarterin das erste Mal nach Schleswig und zum Kurator der graphischen Sammlung.

Für Gottorf hat Bönsch auch einige ihrer Lieblinge abgehängt. Darunter Max Slevogts Porträt einer jungen Dame mit Violine (1911). Lebensgroß hing sie jahrelang im Wohnzimmer, nun ist sie der Blickfang in der Ausstellung Ouvertüre. Als sich die Chance bot und es auch bezahlbar war, da musste man einfach zugreifen, schilderte sie. Denn ja, zwar habe ihr Mann als Arzt gut verdient, aber beim Kunsthändler zu kaufen wäre für sie doch zu teuer gewesen.

Angefangen habe alles 1963 mit einem Mädchenkopf von Otto Antoine, den sie für 60 Mark - ihr damaliger Monatslohn - in Stuttgart für ihren Mann kaufte. Die Radierung habe sie auf Händen bis Wolfsburg getragen und ihm geschenkt. Wir schnüffelten bei soliden Auktionshäusern, berichtete sie. Jedes Bild hat dort einen Stammbaum, dann muss man einfach auf die Preise achten und darf sich nicht hinreißen lassen, sagte sie. Das Slevogt-Gemälde sei etwa in jämmerlichem Zustand gewesen, verborgen von einer Schimmelschicht.

Ouvertüre kann Werk und Wirken der Künstler nur anreißen. Es sind erste Häppchen, sagt Kurator Thomas Gädeke. Gezeigt werden großformatige Drucke von Henri de Toulouse-Lautrec ebenso wie ein Gemälde von Lovis Corinth. Bei aller Vielfalt haben die meisten Werke eines gemeinsam: sie zeigen Menschen. Lebendig-dynamisch und wie bei Corinth oder in stiller Pose wie Slevogts Geigerin. Für jährliche Sonderausstellungen halte die Sammlung noch zahlreiche Trümpfe bereit, sagt Gädeke.

Schloss Gottorf über die neue Sammlung