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Sie sieht im Alltäglichen das Besondere

30.08.2012, 15:03

Druxberge war ihre Heimat über Jahrzehnte, dann zog sie, dem Alter geschuldet, nach Berlin in ein Seniorenheim, um in der Nähe ihrer Kinder zu sein. Morgen wird sie im Vitanas Senioren Centrum "Am Obersee" ihren 100. Geburtstag feiern und dort auch eine kleine Ausstellung mit ihren Aquarellen bekommen.

Berlin/Druxberge l Die Malerin Annelotte Spieß hat in Druxberge im heutigen Landkreis Börde 30 Jahre lang als Lehrerin gearbeitet und ihre beiden Söhne großgezogen, ehe sie wieder mehr Zeit für ihre künstlerische Tätigkeit fand. Hauptinspirationsquell für die Kunst war ihr Garten. Es gibt viele Aquarelle, die hier vor Ort im Blumenmeer entstanden. So kommt der rote Mohn in ihrem Werk immer wieder vor.

Beeindruckend sind auch die Bilder von wasserüberfluteten Steinen, die sie an der Ostseeküste oder in heimischen Bächen fand. Sie liebt die Natur und die Menschen. Deshalb gründete sie auch in der ehemaligen Druxberger Schule eine kleine Galerie, um die Bewohner des Dorfes und der Umgebung mit Kunst vertraut zu machen und um ihren Künstlerkollegen ein Podium zu bieten.

So ist sie nicht nur mit ihrer eigenen Kunst eine geschätzte Vermittlerin geworden. Ihr Mann, der Maler und Grafiker Hans-Arthur Spieß, hatte die Pläne mit seiner Frau vorbereitet, erlebte aber die erste Ausstellung nicht mehr selbst. Annelotte Spieß aber führte die Galerie im gemeinsamen Sinne weiter, bis sie es kräftemäßig nicht mehr konnte und Freunde des Vereins das Zepter übernahmen.

Die in Magdeburg geborene Künstlerin studierte nach ihrem Abitur von 1931 bis 1935 an der Hochschule für Kunsterziehung in Berlin-Schöneberg und legte dort ihr Examen ab. 1937 heiratete sie und bekam zwei Söhne. Seit 1945 lebte und arbeitete sie mit der Familie in Druxberge, wo Annelotte Spieß 1992, den neuen Zeiten entsprechend, den Kunst- und Kulturverein e.V. Druxberge mitbegründete.

Ihre zumeist strahlend farbigen Aquarelle wurden nach 1980 in zahlreichen Ausstellungen gezeigt. Thema blieben immer die Schönheit der Natur, die Landschaften der Börde, Meer und Garten. Die Malerin fand immer wieder neue farbenfrohe Details und Ausdrucksweisen, die in ihrer scheinbaren Leichtigkeit die lebensbejahende Haltung, die für ihre Farbmelodien unerlässlich ist, unterstreicht. Im Alltäglichen sieht sie immer das Besondere.

Solange sie konnte, unternahm sie Reisen von der Toskana bis zu ihrer geliebten Insel Hiddensee und brachte immer reiche "Kunst-Beute" mit, denn nur das geliebte Druxberge wäre ihr zu eng gewesen.

Das fast jugendliche Temperament auch im hohen Alter, der klare Blick auf Mensch und Natur, die Gradlinigkeit, kurz: die Lebenslust der Künstlerin, haben uns ein reiches, vitales und schönes Werk beschert. Die kleine Ausstellung zu ihrem 100. Geburtstag am morgigen 31. August wird es belegen.