1. Startseite
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Sing, mein Sachse, sing ...

EIL

Von Rolf-Dietmar Schmidt Sing, mein Sachse, sing ...

18.08.2011, 04:26

Die Demografie-Falle droht. Schon das Wort macht Angst, denn in eine Falle tappt man hinein. Sie ist meist nicht ersichtlich, lauert versteckt, verbirgt Unheil und schnappt unerwartet zu.

Auf die Demografie-Falle trifft das alles nicht zu. Sie ist seit vielen Jahren bekannt, hat sich überhaupt nicht versteckt, war so gut bekannt, dass sich viele wichtige Menschen, die für unser aller Wohl Verantwortung tragen, seit langem damit beschäftigen. Sie analysierten die Folgen, malten düstere Szenarien der Vereinsamung, ließen Wölfe in entvölkerte Gebiete einfallen und diskutierten, wie das alles zu verhindern sei.

Dabei dürfte jedem klar sein, dass es darauf ankommt, das Übel an der Wurzel zu packen und den Trend umzudrehen. Wenn man mehr Kinder will, müssen die erst mal gemacht werden. Stattdessen gab es als Ergebnis den Rat, die Zahl der Kindertagesstätten zu erhöhen und den Eltern die Erziehungspflichten zu erleichtern. Allerdings kommt das erst hinterher, wenn die Kleinen schon da sind. Es wird gelockt, sich für mehr Kinder zu entscheiden, aber direkten Einfluss auf den Entstehungsprozess zu nehmen, da trauen sich Politiker, Demografen und Statistiker dann wohl doch nicht ran.

Manchmal hilft es - die älteren Ostdeutschen werden sich erinnern - von Freunden zu lernen. So stellt man nun überrascht fest, dass Dresden derzeit die Geburtenhauptstadt Deutschlands ist. Nirgendwo werden so viele Kinder gezeugt. Und betrachtet man die Spitzenplätze in dieser Hinsicht unter den ostdeutschen Städten, dann fällt auf, dass auch Leipzig darunter ist, ebenso Chemnitz. Das muss doch zu denken geben. Was in aller Welt machen die Sachsen anders als wir?

Die Zahl der Kita-Plätze kann es nicht sein, die dürfte auch nicht besser als in Sachsen-Anhalt sein, das Klima, die Elbe oder das Elbsandstein-Gebirge kommen als Grund ebenfalls nicht infrage, denn die Elbe haben wir selbst, den Harz als Mittelgebirge auch, und das Klima unterscheidet sich wohl kaum. Oder steckt bei den Sachsen vielleicht etwas in den Genen, was sich weiter westlich verloren hat. Liegt es vielleicht daran, dass wir zwischenzeitlich auch mal preußisch waren?

Immerhin wird August dem Starken nachgesagt, dass er nicht nur ein Hufeisen mit reiner Manneskraft gerade biegen konnte, der Kurfürst soll auch im Bett ein Kraftprotz gewesen sein. 354 uneheliche Kinder werden ihm in seiner Biografie nachgesagt, wenngleich es bei genauerer Überprüfung deutlich weniger gewesen sein sollen. Wie dem auch sei. Zwei Kinder, später Graf und Gräfin Rutowski, hatte August von einer Türkin namens Fatima. Sie war ihm als "Kriegsbeute" von einem polnischen Adligen überlassen worden. Johann Georg "Chevalier de Saxe" war ein Resultat der Beziehung mit Ursula Lubomirska, einer Adligen aus Polen. Von der Weinhändlerstochter Henriette Duval bekam der inzwischen zum König von Polen avancierte August eine Tochter, die spätere Gräfin Orzelska. August der Starke war also nicht nur stark, sondern genauso multikulturell.

Vielleicht spielt diese Tradition eine Rolle, wenn es um die stolzen Geburtenraten in Dresden geht. Allerdings, um die Ehre der Sachsen-Anhalter zu retten: Zumindest gegenüber dem Jahr 2009 hat sich im Vorjahr etwas getan.

Vielleicht sollten alle, die sich vor der Demografie-Falle ängstigen, im Sinne der Nachhaltigkeit den Jugendaustausch nicht nur mit fernen Ländern, sondern ganz praktisch mit den Sachsen organisieren.