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Sonderausstellung Strichcode bei Feininger

Sonderausstellung „Strichcode“ in der Quedlinburger Feininger-Galerie zeigt die Vielfältigkeiten von Druckgrafiken.

Von Grit Warnat 03.08.2020, 01:01

Quedlinburg l Die Ausstellungsräume im Obergeschoss des Museums sind ganz dem Verein für Original-Radierung München gewidmet. Als er 1891 gegründet wurde und die Radierung noch mit kurzem „i“ geschrieben wurde, sollten Sammler gezielt für Radierungen gewonnen werden. Künstler, Sammler und Kunstliebhaber hatten sich unter dem Vereinsdach zusammengefunden, um limitierte Werke zu erschwinglichen Preisen herauszugeben.

Das Spektrum der Techniken hat sich in der fast 130-jährigen Geschichte der Vereins erweitert. 72 Künstler gehören ihm heute an. Von ihnen gestaltete Grafiken werden nach wie vor vom Verein für dessen Mitglieder editiert.

Die angebotenen Mappenwerke und Jahresgaben der zurückliegenden 20 Jahre sind nun in einer Sonderausstellung in der Feininger-Galerie Quedlinburg zu sehen. Es ist ein Blick auf sehr unterschiedliche Handschriften und die Bandbreite druckgrafischer Werke. „Die Arbeiten bilden einen Reigen unterschiedlichster Positionen der zeitgenössischen Druckgrafik, die natürlich weit über den Rahmen der klassischen Radierung hinausgeht und auch experimentelle Mischformen einschließt“, sagt Manuela Winter von der Feininger-Galerie. Winter spricht von einem Überblick zeitgenössischer Arbeiten. Collagen, Strichätzung, Kaltnadel, Holzschnitte, Lithografien. Das Spektrum der Techniken ist ebenso weit wie die mit ihnen umgesetzten Themen.

Landschaften sind zu sehen. Bei der „Nymphenburg“ von Stefanie Hofer (geb. 1974) ist es eine realistisch-romantische Welt mit Brücke inmitten eines Parkes. Schwarz-Weiß ist die Aquatinta-Arbeit, doch Hofer vermag es, dass der Betrachter das Grün zu sehen vermag. Bei Olav Christopher Jenssen (1954) erzählen mäandernde Striche vom Leben am Fluss. Aus Felix Martin Furtwänglers (1954) farblich intensiv gestalteten Köpfen spricht Angst und eine gewisse Trostlosigkeit. In Hans Waps vierfarbigem Siebdruck „Rückenwind“ kann man mit Blick auf die ausstellende Galerie den Künstler Lyonel Feininger hineininterpretieren. Vor Meer und blauem Himmel ein Mann mit zwei Segeln. Feininger ist bekannt für seine Impressionen von Meer und Schiffen. Die Ostsee galt als beliebtes Reiseziel.

Länger aufhalten kann man sich auch beim Betrachten der Anfangsblätter mit den detailgetreuen Landschaften, Stadtbildern und Porträts. Fein gearbeitet ein Raucher, eine alte Sägemühle, ein Bärenkopf, eine Hammerschmiede. „Allerwärts hat das erfreuliche und lebhafte Emporblühen der Kunst in der Gegenwart Liebe und Interesse für die Leistungen der Radirnadel neu geweckt“, heißt es in der Einführung des Ersten Jahrgangs des Münchner Vereins von 1982. Die Rede ist da von „reizvoller und jeder Individualität sich anschmiegende Technik“.

Diese Individualität passt heute mehr denn je. Man kann sie auch am Arbeitstisch des Grafikers Wolfgang Niesner (1925–1994) ablesen. Er arbeitete als freiberuflicher Grafiker in München und war von 1975 bis 1981 Vorsitzender des Vereins für Original-Radierung. Auf engem Raum herrscht beste Ordnung. Graviernadel, Hohlschaber, Walze, Grabstichel. In kleinen Fächern liegen Bleistiftstummel. Alles hat seinen angestammten Platz. Der Werktisch, so steht es in der Ausstellung beschrieben, erinnert daran, „dass alle Kunst im Handwerk wurzelt, im Geschick, in Fertigkeit, in Ausdauer und skrupulösem Vollendungsbemühen, solange noch um irgendeine Form gerungen wird.“

Die Ausstellung „Strichcode“ ist bis zum 26. Oktober zu sehen. Derzeitige Öffnungszeiten (mit Hygieneschließungen): mittwochs bis sonntags 10 bis 12, 13 bis 15 und 16 bis 18 Uhr. Montags und dienstags geschlossen.