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Theater „Wir stehen in den Startlöchern“

Im Nachbarland Thüringen bleiben Theater bis 31. August geschlossen.

24.04.2020, 23:01

Wie plant das Theater Magdeburg? Kann es überhaupt planen? Und gibt es Überlegungen zu möglicher Kurzarbeit? Grit Warnat fragte Generalintendantin Karen Stone.

Volksstimme: Frau Stone, Thüringen schließt seine staatlich finanzierten Theater bis Ende August. In Sachsen-Anhalt lässt die noch gültige Vierte Verordnung zur Corona-Eindämmung bis 31. August keine Veranstaltungen zu. Es gibt Protest. Was sagen Sie?

Karen Stone: Ich glaube, es war ein Missverständis in dieser Vierten Verordnung. Erst ist alles abgesagt, dann heißt es, nur Großveranstaltungen und nicht kleinere. Natürlich sind wir verunsichert, aber wir hoffen, dass die Frage um Veranstaltungen nächste Woche geklärt werden kann. Wir stehen jedenfalls in den Startlöchern.

„Und wenn wir nur vor 100 Leuten spielen dürfen, machen wir das.“

Ihr Domplatz-Open-Air wurde angesichts der unklaren Situation von der Stadt und Ihrem Theater gerade erst abgesagt. Was bedeutet das für das Haus?

Tribüne, Container, Toiletten haben wir gleich abgesagt und uns zumindest einen Teil der Ausgaben ersparen können. Die Komplettabsage wird uns trotzdem über 300 000 Euro kosten. Aber es ist nicht alles verloren. Wir wollen diese wunderbare „Rebecca“ im Jahr 2022 spielen. Das Bühnenbild ist fast fertig, und ich hoffe, es klappt dann auch noch einmal mit den Künstlern. Der Verlag hat Zustimmung signalisiert.

Wenn kleine Veranstaltungen – in welcher Größenordnung auch immer – doch bald erlaubt werden sollten, wie könnten Sie Ihr Haus öffnen?

Wir haben Pläne von A bis Z, wir spielen im Moment alles durch. Im Schauspielhaus könnten wir vor 50, 60 Gästen spielen. Im Parkett des Opernhauses haben wir ungefähr 500 Plätze. Um das Publikum auf Abstand zu bringen, könnten wir auf 200 Leute reduzieren. Und wenn wir nur vor 100 Leuten spielen dürfen, machen wir das.

Sie hatten letztens gesagt, im Theater geht es um Totschlag, um Liebe. Da ist körperliche Nähe gefragt. Wie soll auf der Bühne Abstand gehalten werden?

Wir schauen auf Stücke, in denen das möglich ist.Es ist nicht die Zeit, dass wir in einem Sinfoniekonzert Verdis Requiem machen. Wir schauen im Moment nach ganz vielen Möglichkeiten. Personell muss alles reduziert werden, auch das Orchester im Orchestergraben. Aber man kann in einer kleineren Besetzung auch ein Konzert geben.

Wie sollen die Proben funktionieren?

Der Orchester-Proberaum ist auf Abstand abgeklebt, das Ballett probiert mit wenigen Leuten. Auch der Chor übt allein und in kleinen Gruppen. Ab dem 4. Mai, wenn die Friseure öffnen, würden wir auch gern mit Kostümproben beginnen. Aus Sicherheit alles mit Maske.

Und bei den Sängerinnen und Sängern?

Alles muss mit Abstand gelöst werden. Es geht immer um die Gesundheit der Mitarbeiter.

Theater mit Gesichtsmaske. Meinen Sie, die Leute kommen in Ihr Haus, wenn die Plätze neben einem, auch vor einem leer bleiben?

Ich hoffe es. Das Publikum muss an unsere Gegenmaßnahmen glauben. Wir machen die sehr ernsthaft. Es gibt ganz bestimmt viele Leute, die alleine leben und sich freuen, ein Kulturangebot wahrnehmen zu können.

Meinen sie nicht, dass die Leute sehr vorsichtig sein werden?

Das ist auch gut so. Wir werden erst entspannt irgendwo hingehen, wenn wir wissen, dass es ein Gegenmittel gibt. Das gilt überall. Ich möchte im Moment auch nicht in einem vollen Fußballstadion sitzen.

Tauschen Sie sich mit anderen Theatern aus? Mehrere fokussieren sich ja auf den Herbst.

Die ganze Zeit schon. Ich spreche viel mit Kollegen. Es muss nicht sein, wie an der Bayrischen Staatsoper München (der Intendant führte lange einen Anti-Corona-Kurs; d. R.), dass man Darsteller dem Risiko aussetzt. Das ist nicht verantwortbar. Wir wollen bereit sein, so schnell wie möglich zu öffnen, wenn es uns erlaubt wird. Wenn man öffnen will, gibt es Möglichkeiten.

Hatten Sie in Ihrem Team einen Corona-Fall.

Nein. Zum Glück nicht.

Wird bei Ihnen am Haus über Kurzarbeit nachgedacht? Es gab ja Verhandlungen mit den Verbänden.

Das ist im Moment kein Thema. Es ist mit der Stadt so abgesprochen, dass wir auftreten, so schnell wir können. Ab 4. Mai wollen wir technisch einrichten und szenisch proben. Wenn das Haus wirklich länger geschlossen bleiben sollte, müsste man neu nachdenken.

Wenn Sie auf Sparflamme spielen können, was wollen Sie zeigen?

Die Premiere von Mozarts „Titus“ hat ja noch nicht stattgefunden. Titus könnte man wunderbar mit einem abgespeckten Orchester und ohne großen Chor auf die Bühne bringen. Das wäre ein schöner Anfang.