Engel unter Wasser

Ein Kindstod ist immer etwas Schreckliches - erst recht dann, wenn die Ursachen hierfür mitten in der Familie zu suchen sind.

Von Klaus Braeuer, dpa 27.09.2015, 23:01

Berlin (dpa) - Ein Mädchen läuft durch ein Haus, im Nachthemd und mit nassen Pantoffeln, und dazu erklingt ein Kinderlied. Das Mädchen heißt Anna, und es ist tot: Engel unter Wasser heißt der Krimi an diesem Montag (20.15 Uhr) im ZDF.

Er spielt ähnlich wie Tod auf der Insel (ZDF) vor einer Woche wieder an und auf der Nordsee, genauer gesagt auf der Insel Föhr, wo er auch gedreht worden ist. Die kleine Anna wird noch öfters durch den Film geistern - selbst Kommissar Mark Lubosch (Hanno Koffler) verfolgt sie im Schlaf.

Gemeinsam mit seinem Kollegen Walter Steinhilb (Walter Kreye) untersucht er Annas Tod, der eben doch kein Unfall war. Annas verstörte Eltern, die depressive Sybille (Anna Schudt) und der aufbrausende Werner (Sascha Alexander Gersak), benehmen sich genauso verdächtig wie der merkwürdige Inselpolizist Christian Ströver (Maxim Mehmet) und der Dorftrottel Michael Brandstetter (Heiko Pinkowski) - aber der war es nun wirklich nicht. Und dann ist da noch die blonde Judith (Anna Maria Mühe), die ihre kleine Tochter Laura bei ihrer Schwester Sybille abgegeben hat. Bislang ist sie immer vor allem davon gelaufen - was nun aber nicht mehr geht.

Der Film von Regisseur Michael Schneider ist leidlich spannend - das allzu mystisch inszenierte Geschehen schwankt merkwürdig hin und her zwischen handfestem Krimi und konfusem Familiendrama. Man sieht viele bedeutungsschwangere Blicke, man hört sich wiederholende Dialoge und einige Sätze, die unnötigerweise genau das beschreiben, was man ohnehin gerade sieht. Für irgendein Lächeln oder gar Lachen ist da überhaupt kein Platz, und die Leute müssen durch ziemlich viel Matsch stiefeln. Die Ermittlungen der beiden Kommissare geraten erstaunlich unprofessionell, und über allem wabert geradezu beklemmend aufdringliche Musik. Das ist insgesamt schon ziemlich unbefriedigend - was übrigens auch für die Leistungen der Schauspieler gilt.

Einzige Ausnahme hiervon ist der vielbeschäftigte Hanno Koffler (35). Er dreht gerade einen historischen ARD-Zweiteiler, in dem er Rudi Dassler verkörpert, den Begründer des Schuhherstellers Puma. Der Schauspieler war erst in der vergangenen Woche in dem spannenden Film Meister des Todes (ARD) zu sehen und ist vielen Zuschauern sicher noch aus Filmen wie Besondere Schwere der Schuld und Auslandseinsatz in guter Erinnerung. Auch in diesem Film hier agiert er mit der ihm eigenen Mischung aus kühler Distanziertheit und versteckter Emotionalität - bis sich letztere irgendwann Bahn bricht, diesmal allerdings eher verhalten.

Ich bin kein großer Krimifan, zumindest nicht im deutschen Fernsehen, gesteht Koffler im ZDF-Interview. Mir sind sowohl die Charaktere als auch die Handlung in den meisten deutschen Fernsehkrimis oft zu dünn. Da fehlt mir oft die Stimmung, der Tiefgang, die Konsequenz in der Erzählweise, aber auch der Mut, mal etwas anderes auszuprobieren. Ich würde mir wünschen, dass es mehr Zeit und Geld gibt für die Entwicklung von guten Drehbüchern, da sind uns andere Länder weit voraus. An seinen derzeitigen Auftraggeber, die ARD, richtet er auch noch Kritik: Dass sich der Tatort beispielsweise immer mehr zu einem Fließbandprodukt entwickelt, betrachte ich sehr skeptisch.

Vermutlich ist genau das der Grund, warum er bislang keinen Serien-Kommissar spielt, sondern lieber in ganz unterschiedlichen Rollen sein Können unter Beweis stellt. Besonders intensiv war das in dem Film Freier Fall zu verfolgen, in dem er einen verheirateten Familienvater spielt, der sich leidenschaftlich in einen Polizistenkollegen verliebt. Derzeit wird sowohl an einem Drehbuch als auch an einer Finanzierung für eine Fortsetzung dieses erfolgreichen Arthouse-Filmes gebastelt.

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