Tod auf der Insel
Inseln im Meer können Orte des Rückzugs, der Beschaulichkeit und der friedlichen Idylle sein. Aber auch dort lauern Abgründe.
Berlin (dpa) - Der Blick schweift über die See - zu einer Insel hin, am Strand liegt ein Mann. Er bewegt sich leicht, tot ist er also nicht. Das ist indes jemand ganz anders. Bald darauf treibt eine tote Frau im Mantel im Wasser. So beginnt der Film Tod auf der Insel, der an diesem Montag (20.15 Uhr) im ZDF zu sehen ist.
Bei der Toten handelt es sich um Annika Bohn (Annika Blendl), die gemeinsam mit ihrer Tochter und ihrem Mann Georg (Andreas Günther) von Hamburg aus auf die Nordseeinsel gekommen ist, um dort Urlaub zu machen. Sie wohnen in der Pension des Ehepaars Petersen (Ruth Reinecke, Rüdiger Vogler) - und sie streiten sich fast ständig, denn Annika flirtet mit nahezu jedem Mann, der ihr begegnet.
Das entgeht keinem, auch Katharina (Lisa Martinek) nicht, der Tochter der Petersens. Sie ist Seenotretterin und lebt gerade von ihrem Mann Nils (Kai Scheve) getrennt. Der wiederum ist der Mann vom Strand, wo er betrunken gepennt hat - er kann sich angeblich an nichts mehr erinnern, was in der Nacht geschah. Derweil birgt Katharina die tote Frau - es ist Annika. Und Nils gerät unter Mordverdacht.
Der Krimi spielt auf der Insel Föhr, ist aber auf Sylt gedreht, und die Pension Petersen ist ein wunderschönes Reetdachhaus mit Meerblick, das früher einmal sogar ein echtes Gästehaus beherbergt hat, aber nun schon länger leer steht. Entstanden ist der Film nach Motiven des Romans Inselblut von Bent Ohle - ist im Gegensatz dazu aber in einigen Punkten verändert, zum Beispiel was die Hauptfigur betrifft.
Die größte Hürde der Verfilmung lag für mich darin, wie viel und auf welche Weise es möglich war, Platz für die Vergangenheit und die verschiedenen Perspektiven der Beteiligten auf diese Vergangenheit zu gestalten, sagte die Drehbuchautorin Nikola Bock im Interview mit dem ZDF. Hier tut sich ein Roman naturgemäß sehr viel leichter. Wenn man keine langen Rückblenden verwenden will, ist man filmisch dazu gezwungen, die Vergangenheit innerhalb der Charaktere und ihrer heutigen Handlungen sichtbar zumachen.
Das ist durchaus verständlich, doch sie hat das ziemlich gut hinbekommen - die beiden Geschichten der Paare Annika/Georg und Katharina/Nils werden parallel und stringent erzählt. Der düstere Film ist in fahle Farben getaucht, dazu schwelgt elegische Musik - und die Kamera von Hannes Hubach fängt passende und stimmungsvolle Bilder ein. Regisseur Nicolai Rohde setzt auf knappe Dialoge (Ist was passiert? - Ne.) und verschlossene Gesichter.
Die Schauspieler agieren in einem dichten Ensemble und scheinen manchmal selbst verwundert darüber, in was für eine vermaledeite Geschichte sie da geraten sind. Der Zuschauer sollte auf die vermeintlichen Nebenfiguren achten und darf jedenfalls hübsch miträtseln, ob es denn einen Täter gibt, oder gar mehrere - und warum sie so gehandelt haben.
Es kommt heraus, dass alles irgendwie miteinander zusammenhängt. Das Schweigen dreier Menschen über viele Jahre hinweg hat schließlich tiefe Enttäuschungen und Verletzungen erzeugt. Am Ende wird ein ganz dunkles Familiengeheimnis gelüftet, und der Seewind kann endlich wieder befreiend über die idyllische Insel wehen.