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TV-Ausblick Wenn Nähe zur Gefahr wird - Bremer „Tatort“ über Stalking

Im neuen „Tatort“-Krimi aus Bremen geraten Opfer ins Zwielicht und Freundschaften ins Wanken. Zum ersten Mal bricht unter den Kommissarinnen ein Streit aus.

Von Mirjam Uhrich, dpa 10.05.2025, 12:00
Wer stalkt hier eigentlich wen?
Wer stalkt hier eigentlich wen? Claudia Konerding/RB TV/Pressestelle/dpa

Bremen - Kein Handy, keine Papiere, kein Gesicht: Die Leiche am Weserufer ist so entstellt, dass ihr Antlitz nicht zu erkennen ist. Die Kommissarinnen im neuen Bremer „Tatort“-Fall stehen zunächst vor einem Rätsel. Bald steht der Verdacht im Raum, dass das Opfer auch Täter war. Die Ermittlerinnen stoßen auf ein Geflecht aus Verfolgungswahn und Stalking, brisanten Recherchen und toxischen Abhängigkeiten. 

Wieder widmet sich der Bremer TV-Krimi einem sozialkritischen Thema: Regisseurin Franziska Margarete Hoenisch erzählt von den Nöten einer alleinerziehenden Frau, die sich um die Sicherheit ihrer Tochter sorgt. Überall lauert ihr Ex-Freund - am Spielplatz, auf der Straße, vor der Haustür. Auch mit seinem Tod nimmt der Wahnsinn kein Ende. Der „Tatort: Solange du atmest“ ist am Sonntag (11. Mai) um 20.15 Uhr im Ersten zu sehen.

Stalking aus der Opferperspektive

Die alleinerziehende Mutter Rani Ewers (Via Jikeli) hat keine Wohnung, kaum Geld und verliert auch noch ihre Arbeit. Mit ihrer Tochter hat sie Unterschlupf im Reihenhaus der einsamen Pflegerin Paula Södersen (Sarina Radomski) gefunden. Aus der Wohngemeinschaft hat sich längst eine eigene Familienkonstellation entwickelt.

Trotz der schwierigen Umstände tut die junge Mutter alles, um ihrer Tochter eine behütete Kindheit zu ermöglichen und sie in Sicherheit groß werden zu lassen. Wären da nicht die Allernächsten, die von Vertrauten zur Bedrohung werden.

Selbst in der WG kann sich Rani Ewers nicht mehr sicher fühlen, als sie gerahmte Familienfotos mit ausgeschnittenen Augen vorfindet. Mit kurzen Rückblenden und einer Kameraführung, die für Momente den Blickwinkel wechselt, wird das Thema Stalking bedrohlich aus der Opferperspektive inszeniert.

Zeugen oder Verdächtige?

Aber wer stalkt hier eigentlich wen? Eine knifflige Frage für die Ermittlerinnen Liv Moormann (Jasna Fritzi Bauer) und Linda Selb (Luise Wolfram), die den Mord an dem angeschwemmten Ex-Freund und Investigativjournalisten Marek Kolschak (Jonathan Berlin) aufklären müssen. Ein Hinweis führt ins Drogenmilieu, wo der 31-Jährige zuletzt recherchiert hatte. Ein polizeibekannter Dealer gerät ins Visier, dem Selb schon länger auf der Spur ist.

Im Laufe der Ermittlungen verschwimmen die Grenzen immer mehr: Vorstellungen von Gut und Böse geraten ins Wanken. Zeugen werden zu Verdächtigen und Verdächtige zu Zeugen, die plötzlich selbst in Lebensgefahr geraten. 

Die Spannung kann der Bremer „Tatort“ jedoch nicht über 90 Minuten aufrechterhalten - zu offensichtlich sind falsche Spuren, zu häufig kommt es zu unlogischen Brüchen. So lässt die sonst überbesorgte Mutter ihr Kind nach einem Streit mit dem Stalker stundenlang allein und im entscheidenden Moment übt sich Moormann in Selbstverteidigung, anstatt zur Waffe zu greifen. 

Beziehung der Ermittlerinnen bekommt Risse

Für die jungen Kommissarinnen wird der Fall zu einer Belastungsprobe. Zum ersten Mal kommt es zwischen Moormann und Selb zum Streit. Sie haben Geheimnisse voreinander, machen sich gegenseitig Vorwürfe und ermitteln auf eigene Faust. Die üblichen Scherze und Neckereien der beiden bleiben dabei auf der Strecke.

Am Ende können die Ermittlerinnen den Wahnsinn nur gemeinsam stoppen. Zurück bleibt ein beklemmender Eindruck, welchem Leid Opfer von Stalking ausgesetzt sind.

Bundesweit knapp 25.000 Fälle von Stalking

Seit 2007 ist Stalking ein eigener Straftatbestand. Im Land Bremen erfasste die Polizei im vergangenen Jahr mehr als 340 Fälle von Nachstellung, bundesweit waren es laut polizeilicher Kriminalitätsstatistik über 24.700 Fälle. Das Kriminalitätsphänomen umfasst ein breites Spektrum von Handlungen - von Kontaktaufnahmen über soziale Medien, Telefon oder E-Mail bis hin zu Drohungen und körperlicher Gewalt.

Für die Betroffenen bedeutet Stalking oft eine anhaltende Belastung und eine erhebliche Beeinträchtigung des Alltags. Die Polizei rät, frühzeitig Anzeige zu erstatten und sich an spezialisierte Beratungsstellen zu wenden. Um Vorfälle zu dokumentieren, kann die App „No Stalk“ hilfreich sein.