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Hans-Ulrich Treichel liest aus seinem Buch "Mein Sardinien" im Literaturhaus Magdeburg Von der Sehnsucht nach dem Süden

Von Grit Warnat 28.05.2013, 03:14

"Mein Sardinien" von Hans-Ulrich Treichel ist eine Liebesgeschichte und eine Reiseerzählung mit stark autobiografischen Zügen. Morgen liest der Schriftsteller im Literaturhaus Magdeburg.

Magdeburg l Treichel trug schon immer eine Südsehnsucht in sich. Seine Vorliebe galt Italien. Und so musste er nicht lange überlegen, seiner Liebe Cristina nach Sardinien zu folgen.

Treichel erzählt in seinem Buch von den Begegnungen mit der schwarzhaarigen Cristina in einer Berliner Bar. Es sind die 1980er Jahre, sie kellnerte, er war Gast und lernte jene junge Frau kennen, die mit Wünschen und auch Träumen nach Deutschland gekommen war. Doch eine selbständige Existenz konnte sie sich hier nicht aufbauen. Treichel, der zu jener Zeit an seiner Doktorarbeit über Wolfgang Koeppen schrieb, war Berlin-müde und überredete seine Freundin zur Reise in ihre Heimat. Schließlich lebt dort noch ihre Familie.

Für Treichel ist es hoffnungsvolles Aufbrechen in eine andere Welt, auf eine Urlaubsinsel, aber mitten hinein in den sardischen Alltag. Und so findet der Leser auf den 218 Seiten vergebens nette Beschreibungen über kristallklares Wasser und endlos lange Mittelmeer-Strände. Bei Treichel gibt es keine verklärenden Klischees. Er setzt auf die Historie der Insel und den Alltag der Bewohner. Treichel schreibt über den einstigen Thunfischfang und grassierende Malaria, über die sardische Revolution, zu der es nicht kam, und die Nuraghen-Kultur, über die Sprache mit ihren Dialekten, die sardische Nobelpreisträgerin Grazia Deladda bis hin zu kreisenden Gänsegeiern, Bergbautradition und einst erbaute "Städte des Führers Mussolini". Und natürlich schreibt Treichel die Liebesgeschichte zu Cristina fort.

Der Germanist, der einst im Nebenfach Italianistik belegte, und literarisch das verschlang, was es zu Sardinien auf dem Buchmarkt gab, gibt auch immer wieder Literaten Raum für italienische Betrachtungen. Allein Goethes Italiensehnsucht, so schreibt Treichel, sei für sich genommen bereits unerschöpflich gewesen. Doch da waren auch D. H. Lawrence, Ernst Jünger, Carlo Levi und Elio Vittorini. Sie alle lässt er zu Wort kommen. Wie Vittorini. Der war 1932 mit einer Gruppe italienischer Autoren im Rahmen eines Literaturwettbewerbes nach Sardinien gereist, um über die sardische Einsamkeit zu schreiben.

Diese Einsamkeit hat auch Treichel kennengelernt, aber auch eine Fremdheit, die sich zwischen ihm und seiner Lieben eingeschlichen hat. Treichel kehrt zurück nach Berlin. Ohne Cristina.

Literaturhaus Magdeburg, 29. Mai, 19 Uhr