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Heute startet "Wie beim ersten Mal" in den Kinos: Ein Kampf gegen die Lustlosigkeit Was müde Ehemänner munter macht

Von Birgit Roschy 27.09.2012, 01:13

"Wie beim ersten Mal" ist eine unverblümte Ehekomödie mit Meryl Streep und Tommy Lee Jones als Protagonisten, die jede Peinlichkeit locker bewältigen.

Berlin (dapd) l Oft wird geklagt, dass Hollywood nicht genug Filme für die "reifere" Zielgruppe macht. Mit der therapeutischen Ehekomödie "Wie beim ersten Mal" wird dieser Mangel angegangen. Und zwar derart unverblümt, dass sich der Zuschauer innerlich manchmal so voller Entsetzen windet wie jene Pubertierende in Teeniekomödien, deren Eltern über ehelichen Sex plaudern.

Doch Meryl Streep und Tommy Lee Jones gestalten die hochnotpeinlichen Aussprachen ebenso lehrreich wie amüsant. Doch auch von Steve Carell auf der Besetzungsliste sollte man sich nicht täuschen lassen: Viel zu lachen gibt es nicht.

Dazu ist der Alltag von Kay und Arnold, seit 30 Jahren verheiratet, zu realistisch dargestellt. Er arbeitet noch, sie ist Hausfrau mit Nebenjob. Geld ist in ihrer Vorortidylle kein Problem, und die Kinder sind aus dem Haus. Doch auch Liebe und Lust sind perdu.

Seit fünf Jahren herrscht im Ehebett tote Hose, und Kay will sich nicht mehr damit abfinden. Sie zwingt den sich heftig wehrenden Arnold - "Hat es was mit den Hormonen zu tun?" - zu einem Kurzurlaub im Ferienort Hope Springs, Paartherapie inbegriffen.

Ihr Therapeut Bernie Feld - ein ganz ernsthafter Steve Carell mit brunnentiefem Dackelblick - setzt das Paar täglich auf den heißen Stuhl und konfrontiert es mit Fragen zum Sexualleben. Die mühsam herausgequetschten Geständnisse und verschämten Beichten sorgen für Zoff und Tränen. Zudem erlegt der Eheberater dem Paar Intimitätsübungen auf - etwa, mal wieder gemeinsam in einem Bett zu schlafen und sich in den Arm zu nehmen. Die Lockerungsversuche führen zwar zu Aha-Erlebnissen. Doch frustrierende Rückschläge lassen für den Fortbestand der Ehe das Schlimmste befürchten ...

Meryl Streep beweist besonders diesmal einen bewundernswerten Sportsgeist. Auch als schüchternes Heimchen mit etwas piepsiger Stimme, das sich gar an die Erfüllung der Oralsex-Fantasien ihres Mannes traut, ist die mittlerweile 63-jährige Schauspielerin einfach Klasse. Während der Slapstick leider stets auf Kosten der uncoolen Kay geht, ist Tommy Lee Jones als "grumpy old man" für knochentrockenen Humor zuständig.

Das Darstellerpaar spielt sich virtuos die Bälle zu

Wie er griesgrämig über die gesalzenen Preise des Ferienortes mosert, wie er geschafft vom Büro müde heimtrottet und die erwartungsvollen Augen seiner Gattin ignoriert, das ist große Schauspielkunst.

Der größte filmische Pluspunkt ist das gut abgehangene Darstellerpaar, das sich virtuos die Bälle zuspielt. Denn mit dem aufdringlichen Schmusesoundtrack und mancher Plattitüde ist die Komödie nicht immer geschmacksicher.

Bemerkenswert sind die Sexfantasien, bei denen Kay, anders als Arnold, der immerhin mental mit der Nachbarin liebäugelt, angeblich immer nur an ihren Männe denkt.

Das kommt eben dabei heraus, wenn ein Mann in einem Frauenfilm Regie führt. David Frankel, schon in der Hundekomödie "Marley ich" ein vehementer Verfechter der heilen Familie, bebildert hier im Grunde ein Durchhalte- plädoyer für die weibliche Zielgruppe. So direkt viele "unanständige" Dinge angesprochen werden, so ist der Film dennoch bieder.

Kays entsetztes Gesicht, als sie aus dem Regal der Buchhandlung einen Seitensprung-Ratgeber zieht, spricht Bände. Doch mit der Botschaft, Lust und Leidenschaft auch in einer langjährigen Beziehung nicht kampflos aufzugeben, ist der Film angesichts der auch in der Realität fitten und langlebigen Senioren auf der Höhe der Zeit. Die Pointe des charmanten Paarscharmützels wiederum ist knallhart: Nicht Reden und Stimulation, sondern die Trennungsandrohung macht müde Männer munter.

"Wie beim ersten Mal", USA 2012, 100 Minuten, FSK: 6, Verleih: Wild Bunch, Regie: David Frankel, Darsteller: Meryl Streep, Tommy Lee Jones, Steve Carell u.a.