Wer stimmt bei den Oscars ab?
Endspurt bei der Oscar-Wahl: Bis Dienstag müssen die Stimmzettel eingegangen sein. Mehr als 6000 Akademie-Mitglieder können wählen, darunter auch der deutsche Oscar-Preisträger Pepe Danquart. Die Kontroverse um die weißen Oscars überschattet den Countdown.
Los Angeles (dpa) - Die Zeit läuft: Zwei Wochen vor Einsendeschluss hat der deutsche Regisseur Pepe Danquart (60) den Oscar-Wahlzettel noch nicht ausgefüllt.
Doch das langjährige Mitglied der Filmakademie in Los Angeles nimmt diese Aufgabe ernst. Ich stimme jedes Jahr mit ab, das macht große Freude, versichert Danquart der Deutschen Presse-Agentur.
Den Platz unter den über 6200 Wahlberechtigten des renommierten Filmverbands hat er seinem Oscar-Gewinn 1994 für den Kurzfilm Schwarzfahrer zu verdanken. Danach wurde er gleich in die Academy of Motion Picture Arts and Sciences aufgenommen.
Danquart ist ein typischer Oscar-Wähler. 94 Prozent der Stimmberechtigten seien weiß, 77 Prozent männlich, das Durchschnittsalter liege bei 62 Jahren, ermittelte die Los Angeles Times im Jahr 2012. Die Akademie selbst gibt keine Zahlen zu der Zusammensetzung heraus.
Die Kontroverse um die weißen Oscars überschattet in diesem Jahr erneut Hollywoods wichtigste Preisverleihung. Zum zweiten Mal in Folge wurden bei den Nominierungen Afroamerikaner in den vier Schauspielkategorien völlig übersehen. Stars wie Spike Lee und das Schauspielehepaar Will und Jada Pinkett Smith kündigten im Januar an, der Oscar-Gala am 28. Februar aus Protest fernzubleiben. Zahlreiche Filmschaffende, darunter die Oscar-Preisträger George Clooney, Meryl Streep und Lupita Nyong'o, forderten mehr Vielfalt in der Branche.
Die Akademie regierte prompt auf die Kritik. Der Vorstand gab kürzlich neue Regeln bekannt, mit dem Ziel, die Zahl von Frauen und Minderheiten bis zum Jahr 2020 zu verdoppeln. Bei der jährlichen Berufung neuer Mitglieder soll aus einem vielfältigeren Pool geschöpft werden.
Man kann sich keine Mitgliedschaft erkaufen, man wird berufen. Der Weg in die Akademie führt über eine Oscar-Nominierung oder über andere, besondere Verdienste um den Film. Es gibt 17 Berufszweige, darunter stellen die Schauspieler mit 1138 und die Produzenten mit 483 Mitgliedern die größten Gruppen dar, teilte Akademie-Sprecherin Emily Benedict auf Anfrage mit.
Die Nominierungen werden teilweise von den Branchen gewählt, doch in der jetzt laufenden Endrunde können alle Mitglieder in allen 24 Kategorien von Schnitt bis bester Film abstimmen. Wir bitten die Wähler nur dann zu wählen, wenn sie auch alle Filme in der jeweiligen Sparte gesehen haben, erklärt Benedict. Das ist allerdings Ehrensache, kontrolliert wird es nicht.
Es obliegt meiner Entscheidung, in welchen Sparten ich wähle, sagt Danquart. Der Stimmzettel wird nicht ungültig, wenn ich drei oder vier Kategorien auslasse. Und seine Kriterien? Ich stimme schon für das, was mir gefällt. Das muss nicht der Blockbuster sein. Das ist wie beim Sport, man hat auch eine Liebe für den Underdog, den kleineren Film. Konkretes dürfe er aber nicht verraten, meint Danquart. Die Akademie schreibt eine geheime Wahl vor.
Als Oscar-Preisträger muss sich Danquart um seine Wahlberechtigung keine Sorgen machen. Doch für andere Mitglieder soll das bisher lebenslange Stimmrecht zukünftig auf zehn Jahre beschränkt werden. Eine Verlängerung soll nur dann möglich sein, wenn das Mitglied weiter aktiv im Filmgeschäft tätig ist. Diese geplante Strategie der Verjüngung brachte der Akademie auch Kritik ein. Die 84-jährige Schauspielerin Angie Dickinson (Rio Bravo), die vor über zehn Jahren ihren letzten Film drehte, sagte der New York Times, sie habe sich schon beschwert. Dies sei nicht der richtige Weg.
Im vorigen Jahr wurden 322 Filmschaffende als neue Mitglieder eingeladen. Unter den ausgewählten 25 Darstellern waren lediglich sieben Frauen, darunter Elizabeth Banks, Rosamund Pike und Emma Stone. Bei der Wahl für die 89. Oscar-Gala im kommenden Jahr könnte sich dieses Ungleichverhältnis schon geändert haben.