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Zauberer der Sprache - Dieter Mann wird 75

Dieter Mann ist ein Sprachzauberer. Seine außerordentliche Charakterisierungskunst und Sprechkultur haben dem Schauspieler über Jahrzehnte ein großes Publikum beschert. Jetzt wird er 75 Jahre alt.

Von Peter Claus, dpa 19.06.2016, 13:18

Berlin (dpa) - Dieter Mann hat das deutschsprachige Theater in den vergangenen fünf Jahrzehnten entscheidend mitgeprägt. Von 1964 bis 2006 gehörte er als Schauspieler zum Ensemble des Deutschen Theaters Berlin.

Er brillierte auf vielen Bühnen zwischen Berlin, Düsseldorf und Wien. Viele seiner von der Kritik hochgelobten Hörbücher wurden Bestseller. Zu seinem 75. Geburtstag am Montag (20.6.) erschien im Aufbau Verlag das Buch Schöne Vorstellung, eine Autobiografie in Gesprächen mit dem Journalisten Hans-Dieter Schütt.

In seinen Erinnerungen bringt Mann seine Arbeitshaltung pointiert auf den Punkt: denken, mitfühlen, mitteilen. Dabei verbiegt er das Werk eines Dichters mit seiner hohen Sprechkultur nie, sondern feiert es. Ich messe Qualität nicht an Formalem, sondern am Inhalt. Den möchte ich den Zuschauern oder Zuhörern lustvoll offenbaren, sagte Mann einmal.

1941 in Berlin in einfachen Verhältnissen geboren, lernte Mann in den 1950er Jahren den Beruf des Drehers, arbeitete in einer Fabrik und holte das Abitur nach. 1962 begann er mit dem Schauspielstudium in Ost-Berlin. Bereits als Student verpflichtete ihn Regisseur Frido Solter 1964 für die Hauptrolle in dem Stück Unterwegs ans Deutsche Theater Berlin.

Mit seiner Interpretation des Edgar Wibeau in Ulrich Plenzdorfs Die neuen Leiden des jungen W. wurde Mann 1972 zu einem der bekanntesten und beliebtesten Schauspieler der DDR. Als Ensemblemitglied des Deutschen Theaters Berlin begeisterte er in vielen Rollen der Klassik und der Moderne. Seine Bandbreite ist enorm. Sie reicht von Burleskem wie Kaisers Zwei Krawatten, über Philosophisches wie Botho Strauß' Odysseus bis zu Tragischem wie Lessings Nathan der Weise.

Besondere Verdienste erwarb sich Mann als Intendant des Deutschen Theaters Berlin in der Vor- und in der Wendezeit. Von 1984 bis 1992 hatte er die Leitung des Hauses auf Wunsch des Ensembles übernommen. Er engagierte zum Beispiel die von der Kulturbürokratie der DDR ungeliebten Regisseure Frank Castorf, Thomas Langhoff und Heiner Müller. Rückblickend meint er dazu lakonisch: Da klopfe ich mir nicht auf die Schultern. Aber ich bin froh, dass ich mich künstlerisch nicht geirrt habe. Diese Männer haben Großes geleistet.

Auch in Film und Fernsehen trat und tritt er regelmäßig auf. So prägte er im Vorjahr den tragikomischen ARD-Fernsehfilm Heimat ist kein Ort wesentlich allein mit seiner Stimme als verstorbener Vater der Hauptfiguren. In den vergangenen Jahren triumphierte der Schauspieler auf vielen Gastspielen mit dem Solo-Abend Fülle des Wohllauts, einer szenischen Aufarbeitung von Teilen des Romans Der Zauberberg von Thomas Mann.

Nach seinem Ausscheiden aus dem Deutschen Theater Berlin 2006 fesselte Mann unter anderem am Staatsschauspiel Dresden als Lessings Nathan und als Shakespeares Lear und am Burgtheater Wien als Octavio Piccolomini in Wallenstein von Schiller. Ich habe viel Glück gehabt, sagt er dazu und meint damit wohl auch seine gesamte Karriere. Wobei er als A und O die Zuwendung der Zuschauer nennt. Seinen 75. Geburtstag wird er, wie er der Deutschen Presse-Agentur sagte, aber nicht öffentlich, sondern in schöner Abgeschiedenheit feiern.

Biografie von Dieter Mann